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Arzneimittelbudget: Hausaufgaben für alle


„Wir können die Budgets nicht einhalten“, stellt Dr. med. Jürgen Bausch klar, Arzneimittelexperte im Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Die Pharmaindustrie hat eine ganze Reihe neuer Wirkstoffe für Patientenprobleme entwickelt, für die es bislang keine Lösung gab“, sagt er. Der Haken an der Sache: Diese – vielfach gentechnisch hergestellten Innovationen – sind extrem teuer. So belaufen sich beispielsweise bei den Tumornekrosefaktor-Hemmern zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen die Jahrestherapiekosten auf rund 40 000 DM; Ausgaben, die sich durch Einsparungen bei den so genannten umstrittenen Arzneimitteln nicht kompensieren lassen. Doch: „Notwendige Medikamente wegzulassen, wäre ein Verbrechen am Patienten“, sagt Bausch. Ein schier unlösbarer Konflikt für die Ärzte, denn bei allen Verordnungen – ob sinnvoll oder nicht – droht die Kollektivhaftung bei Budgetüberschreitung. Die Haftungssumme für 1999 beläuft sich dem BKK Bundesverband zufolge auf 750 Millionen DM, „die bis Ende 2001 auszugleichen ist“. Und die Kassen gedächten nicht, diesmal beim Regress ein Auge zuzudrücken. Hartnäckig vertreten sie die Ansicht, dass noch Wirtschaftlichkeitsreserven vorhanden seien. Demgegenüber belegen die Ärzte, dass die Rationierung bereits begonnen hat. Bausch nennt als Beispiel die Medikation bei Alzheimer-Patienten.
So versucht man auch in diesem Jahr, sich zu behelfen. Die KBV will mit einem neuen Aktionsprogramm, das in Kürze veröffentlicht wird, den Ärzten „Sparhilfe“ leisten. Sie rät unter anderem zur konsequenten Umstellung auf Generika und zur strikten Befolgung der Negativliste (vgl. den Beitrag in diesem Heft). „Es darf aber nicht dabei bleiben, dass nur die Ärzte ihre Hausaufgaben machen“, sagt Bausch. Man müsse auch einmal die Vertriebskosten für Arzneimittel unter die Lupe nehmen – ein seltener Fall der Einigkeit mit den Kassen. Die BKK fordert seit langem den Versandhandel. Heike Korzilius
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