BRIEFE
Medizinische Ethik: Nichts für Nicht-mediziner!
Zu dem Beitrag „Gibt es das Recht auf ein gesundes Kind?“ von
Dr. theol. Mirjam Zimmermann und Dr. theol. Ruben Zimmermann in Heft 51–52/2000:


Die Ansicht, die PGD missachte ethische Normen unserer Gesellschaft, missachtet gröblich die Einzelschicksale betroffener Eltern und Kinder. Wer kann sich das Recht nehmen, sich über die Sorgen der Betroffenen hinwegzusetzen. Ich denke, dass in unserer Gesellschaft das Wohl des Einzelnen das höchste Gut ist. Oder wollen wir tatsächlich wieder eine Unterordnung des Individualwohls unter den gesellschaftlichen Nutzen? Das hat, gleich unter welchem Vorzeichen, das freiheitliche Denken noch nie gefördert.
Beispielhaft zeigt dieser Artikel das Dilemma der Ethik der Naturwissenschaften auf: sie kann nicht selbst Neues erschaffen, sondern kann nur wissenschaftliche Ergebnisse anderer Wissenschaften bewerten. Die Basis der Bewertung bleibt oft unklar, so auch in diesem Artikel. Wie ein Journalist sucht der Ethiker Beispiele aus der Literatur, die seinen Standpunkt untermauern, ohne ein Für und Wider umfassend zu berücksichtigen. Dazu gehören auch abschreckende Beispiele von Autoren, die über das jeweilige Ziel hinaus gedacht haben, wie der in diesem Artikel zitierte Autor Singer.
Ich plädiere dafür, Fragen der medizinischen Ethik nicht in die Hände von Nichtmedizinern zu legen. Diejenigen, die eine Entwicklung vorantreiben, sind verantwortlich für deren Richtung, denn nur sie kennen die Möglichkeiten, die in dieser Entwicklung stecken. Diese Wissenschaftler müssen sich über die ethischen Auswirkungen ihrer Technik Gedanken machen. Die Delegation an Ethiker gleich welcher Herkunft, die sich mühsam mit der Anwendung solcher Techniken vertraut machen müssen, bedeutet fast immer einen Schritt zurück. Es bedeutet auch, wichtige Aspekte der Wissenschaft aus der Hand zu geben.
Prof. Dr. med. W. Krause, Klinik für Andrologie und Venerologie, Universitäts-Hautklinik, Deutschhausstraße 9, 35037 Marburg
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