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Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen: Rund 5 000 Beschwerden verhandelt


Bei den ärztlichen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen haben sich im letzten Jahr 8 189 Patienten
über eine fehlerhafte ärztliche Behandlung beschwert. Zählt man die aus den Vorjahren noch nicht
entschiedenen Beschwerden hinzu, lagen den neun Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen in
Deutschland 14 693 Anträge vor. Von den 7 804 bearbeiteten Klagen haben die Betroffenen in 12 Prozent der
Fälle ihre Vorwürfe wieder zurückgezogen oder den Fall nicht weiter verfolgt. Dies sind die neuesten Daten der
von den Landesärztekammern getragenen Einrichtungen, die auf der Sitzung der Ständigen Konferenz der
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen im Juni dieses Jahres in Berlin vorgelegt wurden.
Im Jahr 1995 wurden letztlich 5 154 Beschwerden angenommen, bei denen eine Entscheidung in der Sache
selbst anstand. Davon gingen allein 1 800 Anträge bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der
norddeutschen Ärztekammern ein. Sie ist für betroffene Ärzte aus Berlin, Brandenburg, Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen zuständig. In
559 Fällen (31 Prozent) wurde ein Behandlungsfehler anerkannt und die Kausalität für den Schadenseintritt
bejaht. Demgegenüber wies die Schlichtungsstelle in 1 123 Fällen (62 Prozent) die Patientenvorwürfe zurück.
Ähnliche Quoten meldete die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer
Nordrhein. Von 773 Anträgen wurden bei 30 Prozent ärztliche Behandlungsfehler anerkannt, 453
Beschwerden (59 Prozent) erkannte die Kommission nicht an. Deutlich geringer fiel die Anerkennungsquote
bei der Schlichtungsstelle der Bayerischen Landesärztekammer aus. Sie lag dort bei 14 Prozent. In 193 von
insgesamt 224 Fällen machte die Schlichtungsstelle Ärzte nicht für gesundheitliche Schäden von Patienten
haftbar. Die Patienten können jedoch ihre Ansprüche gerichtlich verfolgen.
Eifrige Krankenkassen
Die Mitglieder der Ständigen Konferenz befaßten sich zudem mit der Frage, ob den Krankenkassen ein eigenes
Antragsrecht vor den Schlichtungsstellen eingeräumt werden sollte. Ein Konsens konnte jedoch nicht gefunden
werden. Anlaß für diese schon vor einigen Jahren geführte Diskussion ist offenbar, daß Krankenkassen in
zunehmendem Maße Patienten in Schadensfällen unterstützen. Die Kassen glauben sich dabei auf eine
entsprechende Regelung im § 66 SGB V beziehen zu können: "Die Krankenkassen können die Versicherten bei
der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus
Behandlungsfehlern entstanden sind . . ., unterstützen."
Die Handlungsweise der Kassen dürfte auch auf den zunehmenden Wettbewerb unter den Krankenkassen
zurückzuführen sein. So können Versicherte von 1997 an unter den gesetzlichen Krankenkassen wählen.
SG