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Glaukom : Gefäßleiden mit neuem therapeutischen Ansatz


Offenwinkelglaukome
Für eine multifaktorielle Genese des Glaukoms sprechen epidemiogische Studien, die zeigen, dass die Inzidenz des Normaldruckglaukoms höher ist als bisher angenommen. So ergaben japanische Untersuchungen eine Inzidenz von über 50 Prozent aller Offenwinkelglaukome. Gerade bei diesen Patienten scheinen neben einer verminderten okulären Tensionstoleranz primär vaskuläre Faktoren eine pathogenetische Rolle zu spielen.
Dabei beschränken sich die Durchblutungsstörungen nicht nur auf das Auge: Patienten mit Normaldruckglaukom erleiden überdurchschnittlich oft zerebrale Mikroinfarkte und stumme Myokardischämien. Zudem sind auch die Gefäße der Peripherie betroffen: Vor allem jüngere Glaukompatientinnen haben oft kalte Finger; auf einen Kälteprovokationstest reagieren sie mit einem Gefäßspasmus. Auch Migräne kommt bei Glaukompatientinnen häufig vor.
Grundlage der Minderperfusion ist „vermutlich ein gestörter Autoregulationsmechanismus“, so Pillunat. Dieser Mechanismus sorgt normalerweise dafür, dass die Blutversorgung im Auge schnell und unabhängig vom systemischen Kreislauf reagieren kann. Störungsfreies Sehen ist nur möglich, wenn Blutdruck- und Augeninnendruckschwankungen schnell reguliert werden können. Gefäßverengungen dagegen können zu einer Mangelversorgung von Sehnerv und Netzhaut und damit zu einer Gefährdung der retinalen Ganglienzellen führen.
Die Autoregulation ist unter anderem abhängig von der Carboanhydrase, einem Enzym, das für die Pathogenese des Glaukoms wichtig ist. Es kommt im Ziliarepithel vor, in den Kapillaren des Sehnervenkopfs und der Netzhaut. Im Übermaß produziert, kann es einen erhöhten Augeninnendruck verursachen.
Neue Behandlungskonzepte beim Glaukom versuchen daher, sowohl einen pathologischen Augeninnendruck zu senken als auch eine gestörte Mikrozirkulation zu verbessern. Welchen Effekt gängige Antiglaukomatosa auf die Mikrozirkulation haben, untersuchte Dr. Oliver Arend (RWTH Aachen) in einer vergleichenden Studie bei Patienten mit neu diagnostiziertem Offenwinkelglaukom. Die Patienten bekamen vier Wochen lang entweder den Betablocker Timolol, das Prostaglandinderivat Latanoprost oder den Carboanhydrasehemmer Dorzolamid. Das Ergebnis: Alle drei Wirkstoffe senkten den Augeninnendruck signifikant. Aber nur Dorzolamid konnte die arteriovenöse Passagezeit um 24 Prozent verkürzen. Neuen Untersuchungen zufolge ist die arteriovenöse Passagezeit im Bereich mit dem ausgeprägteren Gesichtsfelddefekt verlängert und korreliert mit zunehmenden Verschlechterungen des Glaukomschadens. Deshalb sei eine Verkürzung der arteriovenösen Passagezeit positiv für den Patienten, so Arend.
Strukturveränderungen des Sehnervenkopfs
Je früher krankhafte Veränderungen erkannt werden, desto effizienter kann das Glaukom therapiert werden. Entscheidend für die Gesichtsfeldausfälle bei Glaukompatienten sind Strukturveränderungen des Sehnervenkopfs und der Sehnervenfasern. „Die exakte Dokumentation von Sehnerv und Nervenfasern ist deshalb bei Glaukomverdacht wichtig“, so Prof. Reinhard Burk (Universität Heidelberg). Augenärzte sollten sich die Pupillen genau anschauen und nach Papillenrandblutungen suchen, so Burk.
Geeignet zur Diagnose sei die Laser-Scanning-Tomographie. Bei diesem bildgebenden Verfahren wird der Augenhintergrund von einem Laserstrahl schwacher Intensität Punkt für Punkt abgetastet. Die daraus gewonnenen Daten lassen eine dreidimensionale Strukturkonstruktion zu, die insbesondere in Verlaufskontrollen die Effektivität der gewählten Behandlung dokumentieren kann. Dorothee Hahne
Messung des Augeninnendrucks: Ein kleiner Messkörper wird auf die Hornhautoberfläche aufgesetzt. Foto: Initiativkreis zur Glaukom-Früherkennung
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