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Disease Management: Wer fragt noch die Ärzte?


Der „Anfangsverdacht“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dass hinter dem Behandlungskonzept für chronische Krankheiten mehr als nur ein Wettbewerbsinstrument der Krankenkassen steckt, scheint sich zu erhärten. Bei einem Treffen der KV-Vorsitzenden mit einem Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums und der Krankenkassen in Berlin wurde deutlich, dass das Disease Management das „politische Werkzeug“ sein könnte, das die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen aushebelt und die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Ärzteschaft weitgehend beseitigt.
Zur Erinnerung: Der neu gegründete Koordinierungsausschuss soll bis zu sieben geeignete chronische Krankheiten benennen, zu denen die Krankenkassen die qualitativen Anforderungen an ein Disease Management definieren. Per Rechtsverordnung werden diese Anforderungen vom Bundgesundheitsministe-rium ohne Beteiligung der Ärzteschaft sanktioniert und die von den Krankenkassen beantragten Programme durch das Bundesversicherungsamt zugelassen.
Bei der Behandlung von Krankheiten können die Krankenkassen jedoch weder Umfang noch Ablauf kompetent festlegen. Dies gilt erst recht für die großen Volkskrankheiten. Genau das haben sie aber vor – mit Unterstützung der Politik. Auch bei der Umsetzung der Programme in Verträge mit den „Leistungserbringern“ sind die Kassenärztlichen Vereinigungen als Verhandlungspartner nur noch erwünscht, wenn sie sich den Vorstellungen der Krankenkassen beugen. Wohin das führt, liegt auf der Hand: Die Krankenkassen praktizieren „Einkaufsmodelle“, und der Systembruch wäre vollzogen.
Die parlamentarischen Beratungen des RSA-Reformgesetzes dauern bis Ende November. So lange hat die KBV Zeit, sowohl die Politik als auch die Öffentlichkeit von den „Risiken und unerwünschten Nebenwirkungen“ dieses Vorhabens zu überzeugen. Die besten Argumente dabei sind eigene Programme von hoher Qualität. Josef Maus
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