ArchivDeutsches Ärzteblatt44/20017000 Jahre persische Kunst: Hochkarätige Zeitzeugen

VARIA: Feuilleton

7000 Jahre persische Kunst: Hochkarätige Zeitzeugen

Krannich, Stephanie

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Schale mit Musikantinnen, Mazandaran (Nord-Iran), 8. Jh. n. Chr., Silber, Nielloeinlagen Fotos: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Schale mit Musikantinnen, Mazandaran (Nord-Iran), 8. Jh. n. Chr., Silber, Nielloeinlagen Fotos: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran werden zurzeit in Bonn präsentiert.

Erstmals seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 befinden sich 180 kostbare Leihgaben aus dem Iranischen Nationalmuseum und dem Reza Abbasi-Mu-seum in Teheran auf einer in-ternationalen Ausstellungstournee. Zunächst in Wien mit großem Erfolg präsentiert, sind sie derzeit in Bonn in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland zu bewundern. Die hochkarätigen Zeitzeugen aus sieben Jahrtausenden gewähren einen eindrucksvollen Einblick in die wichtigsten Entwicklungsphasen der vorislamischen Kultur Irans. In Anbetracht des gewaltigen Zeitrahmens, der immensen geographischen Regionen mit ihren verschiedenen Völkern, der vielfältigen Epochen und der Auswahlmöglichkeit aus mehr als 300 000 Ausgrabungsschätzen, die das Nationalmuseum in Teheran beherbergt, war dieses Projekt eine große Herausforderung für die Organisatoren. Die Ausstellung erhebt nicht den Anspruch einer umfassenden Darstellung der Kulturgeschichte Irans; sie will vielmehr das Interesse und die Begeisterung für das antike Persien wecken, auf dessen Boden die griechisch-römische Tradition entstanden ist.
Es sei vorweggesagt: Sich in 7000 Jahren persischer Kulturgeschichte, denen sich die Ausstellung widmet, zurechtzufinden, dürfte den meisten Besuchern nicht leicht fallen. Hilfe bietet hierbei das im Museum unentgeltlich erhältliche Zeitkarten-Leporello, eine achtseitige, farbig illustrierte Publikation des Pädagogischen Dienstes, das zeitvergleichend angibt, was an anderen Orten der Welt geschah.
Der gewaltige kulturhistorische Rahmen der Ausstellung beginnt mit der Prähistorischen Zeit (6500–800 v. Chr.). Zwei Tonfigurinen aus dem siebten und sechsten vorchristlichen Jahrtausend markieren die „neolithische Revolution“, in deren Verlauf steinzeitliche Jäger und Sammler sesshaft wurden und Ackerbau und Viehzucht betrieben. Die sich anschließende Bronze- und Eisenzeit sind durch Bronzen, Edelmetall- und Elfenbeinfunde repräsentiert.
558– 330 v. Chr. war die Zeit der achaimenidischen Großkönige. Der wohl bekannteste, Kyros der Große, eroberte ganz Iran, Afghanistan, große Teile Zentralasiens, Anatoliens und Babyloniens. Er schuf damit die Fundamente für das erste Weltreich der Geschichte. Die Nachfolger Kambyses, Darius der Große und Xerxes konnten die Grenzen sogar zeitweise bis Nubien, Thrakien, bis zur Ägäis und nach Nordwestindien ausdehnen. Ein ausgedehntes Wegenetz diente der Erschließung des Landes.
Löwenrhyton, Ekbatana (Hamadan, westlicher Zentraliran),500–450 v. Chr., Gold
Löwenrhyton, Ekbatana (Hamadan, westlicher Zentraliran),
500–450 v. Chr., Gold
Eigenständige Provinzen und eine straffe Verwaltung ermöglichten die Regierbarkeit eines Vielvölkerstaates. Hierzu gehörte auch eine große religiöse und kulturelle Toleranz. Die Hauptstädte Persepolis, Susa und Pasargadae stehen für „sagenhafte“ Reichtümer. Aus dieser Epoche stammen prunkvolle Gefäße, die das Können der damaligen Gold- und Silberschmiede beweisen. Sie zählen mit zu den Höhepunkten der Ausstellung. Die Truppen Alexanders des Großen setzten der Achaimenidenherrschaft 331 v. Chr. ein Ende. Seit dieser Zeit stand das künstlerische Schaffen auch der nachfolgenden Perioden der Seleukiden (305 –125 v. Chr.) und der Parther (247 v. Chr.–224 n. Chr.) unter zunehmendem griechischem Einfluss, während unter den Sasaniden (224–651 n. Chr.) achaimenidische Traditionen eine Renaissance erlebten. Eine Auswahl typischer Artefakte, darunter Skulpturen, Glas und Keramik, vertreten diese vielfältigen kunstgeschichtlichen Perioden. Kleinodien der Silberschmiedekunst stammen aus der Zeit der Sasaniden. Die letzte Objektgruppe der Ausstellung, darunter kostbare Silber-, Glas- und Keramikobjekte, steht für die Frühislamische Zeit ab 651 n. Chr. Sie lässt sasanidische Traditionen erkennen, zeigt aber auch bereits neue Elemente der Form und des Dekors, die zu einer eigenständigen Bildersprache führten.
Zwanzig großformatige Luftfotografien von Georg Gerster, einem der anerkanntesten Flugbildfotografen, sind exklusiv in die Bonner Ausstellung integriert. Sie nehmen Bezug auf die archäologischen Fundstellen der ausgestellten Objekte. Ausstellungsbesucher sollten sich unbedingt den die Ausstellung begleitenden sehenswerten Film mit seinen vielen erklärenden Hinweisen anschauen.
Dr. med. Stephanie Krannich

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