BRIEFE
Terror: Dank


Diesen falschen Eindruck vermitteln die Medien, indem sie grundsätzliche Kritik an den Entscheidungsgrundlagen unserer Politik unterdrücken, egal woher sie kommt. Unsere Politik geht davon aus, dass wirtschaftliche Überlegungen Priorität vor den Interessen der Individuen haben. Wenn die Gewinne der Pharmaindustrie und die daran hängenden Arbeitsplätze gerettet werden müssen, dann müssen die Patienten die Medikamente eben selbst bezahlen, und wer das nicht kann, leidet oder stirbt. Das ist in ihren Augen Folge eines Sachzwanges und nicht etwa die natürliche Selektion oder staatlich geplanter Massenmord. Wenn XY – sei es ein Terrrorist oder ein anderer Staat – etwas unternimmt, was den Interessen der USA schadet, nehmen sich die USA das Recht, ihre „legitimen“ Interessen zu verteidigen. Militärische Aktionen werden dabei, auch wenn klar ist, dass sie dem Terrorismus Zulauf bringen, von unseren Politikern unterstützt. Dass dabei unschuldige Menschen zu Schaden kommen oder ihr Leben lassen müssen, betrachten sie als bedauerliche, aber unvermeidbare Umstände. Wer hier mit humanistischen Kategorien gegenargumentiert, wird als weltfremder Spinner abgekanzelt. Derartige Kränkungsversuche aus Mangel an Argumenten muss man wohl auf sich nehmen, wenn man infrage stellt, dass wirtschaftliche Interessen und wirtschaftliches Wachstum wertvoller sein sollen als der Anspruch der Menschen auf Gesundheit und Frieden. Wir Ärzte haben als Interessenvertreter der leidenden Individuen ein legitimes Recht, diese Argumente anzuführen. Wir haben dabei die Folgen im Blick, in diesem Fall die unerwünschten Begleitfolgen, in unserer Sprache die Nebenwirkungen, in der Sprache der Politik die Kollateralschäden. Ich möchte Herrn Kollegen Hoffmann also ergänzen: Auch wer die tatsächlich zu erwartenden unerwünschten Folgen verdrängt, wird den Konflikt nicht lösen.
Dr. med. Thomas Gabbert, Spinozastraße 15, 12163 Berlin