ArchivDeutsches Ärzteblatt5/2002Onychomykosen: Eine langwierige Therapie

POLITIK: Medizinreport

Onychomykosen: Eine langwierige Therapie

Klinkhammer, Ferdinand

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Für die Therapie der Onychomykose ist die Abschätzung des Befallgrades wichtig.Foto: OKAPIA
Für die Therapie der Onychomykose ist die Abschätzung des Befallgrades wichtig.
Foto: OKAPIA
Die Wissenschaftliche Tagung der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft in Marburg bot einen umfangreichen Einblick in die aktuelle Pilzforschung.


Die Anwesenheit eines pathogenen Keimes allein reicht nicht aus, um eine Nagelmykose hervorzurufen. Der Wirt muss vielmehr disponiert sein, also auf einen empfänglichen Nagel treffen. Diese Empfänglichkeit kann genetisch und/oder durch Traumen und andere prädisponierende Faktoren bedingt sein, wie Prof. Eckart Haneke (Sandvika, Norwegen) erläuterte.
Die Onychomykosen werden nach dem Infektionsweg benannt (distal subungual, proximal subungual, weiß superfiziell, endonyx, total dystrophisch) und nach dem Erregertyp unterschieden. Für die Therapie mit lokalen und/oder systemisch wirksamen Antibiotika sowie mechanischen und chirurgischen Maßnahmen ist die Abschätzung des Befallgrades wichtig. Zur Lokalbehandlung eignet sich die Kombination von ein Prozent Bifonazol mit 40 Prozent Harnstoff-Creme. Die Ausdauer und das Geschick des Patienten bestimmen weitgehend die Heilungsdauer. Einfacher ist die Therapie mit den neuen Nagellacken, die fünf Prozent Amorolfin oder acht Prozent Ciclopirox enthalten.
Die meisten Onychomykosen erfordern jedoch eine systemische Behandlung, zu der sich die Pulstherapie mit 400 mg Itroconazol täglich über eine Woche pro Monat beziehungsweise die kontinuierliche Gabe von Terbinafin 250 mg/d jeweils über zwei Monate für Finger- und drei Monate für Zehennägel durchgesetzt hat. Die Versagerrate kann in etwa halbiert werden, wenn man mit einem antimykotischen Lack kombiniert. Das Erregerreservoir sollte immer durch atraumatische Ablösung der infizierten Nagelplatte und der subungualen Hyperkeratose reduziert werden. Die rein chirurgische Nagelextraktion ist hingegen ein massives Trauma und nicht selten erst der Grund für eine nicht heilende Nagelmykose. Nach erfolgreicher Therapie kann ein Rezidiv oder eine Reinfektion nur durch jahre- oder lebenslange Prophylaxe vermieden werden.
Dr. Volker Kunzelmann (Dermatologische Praxis in Dessau) berichtete über 50 Patienten, bei denen vor einer antimykotischen Behandlung die infizierte Nagelsubstanz bis in Nähe der Nagelmatrix mit dem Erbium-YAG-Laser entfernt wurde. Durch eine nachfolgende Low-Dose-Terbinafin-Therapie sowie durch Fluconazol- oder Itraconazol-Behandlung konnten die schweren und therapieresistenten Mykosen der Zehennägel in drei bis neun Monaten geheilt werden. Die kumulativen Wirkstoffdosen der systemischen Antibiotika konnten bis zu einem Drittel reduziert werden.
Sportbedingte Mikroläsionen ermöglichen Pilzbesiedelung
Nach Prof. Maria Zabel (Bad Soden, Aventis Pharma) gibt es bei Fußballsportlern aus Tinea pedis resultierend einen hohen Anteil von Pilzinfektionen, für die verschiedene Auslöser infrage kommen. Das sind dynamische Richtungsänderungen und ständig durchzuführende Geschwindigkeitsregulierungen und dabei auftretende Rei-bungs- und Scherungskräfte, die über den Sportschuh an den Fußbereich des Sportlers weitergegeben werden. Dadurch entstehen Mikroläsionen der äußeren Hautschicht, die eine Besiedlung mit humanpathogenen Pilzen ermöglichen. Starkes Transpirieren während des Spiels erleichtert diesen Pilzbefall. !
Im April wurden 28 Lizenzspieler eines Bundesligavereins einer mykologischen Untersuchung im Fußbereich unterzogen. Bei 19 Spielern (67,9 Prozent) konnte über das Nativpräparat der Nachweis für eine Onychomykose erbracht werden. Da diese Mykosen bis auf wenige Ausnahmen von einem geringen Ausprägungsgrad waren und die Spieler die Einnahme von oralen Antimykotika wegen der möglichen Nebenwirkungen ablehnten, erfolgte die medikamentöse Erstversorgung mit Ciclopirox Nagellack. Zur Vermeidung einer Autoinfektion wurden die Fußballschuhe mit Ciclopirox Puder desinfiziert.
Genitalmykosen
Prof. Heidelore Hofmann (München) berichtete über die vor allem bei Kindern vorkommende Tinea capitis, die in Europa überwiegend durch Microsporum canis und Trichophyton mentagrophytes verursacht wird. Längere Therapiezeiten und häufige Rezidive machen die Heilung problematisch. Verantwortlich ist die oft ungenügende Sanierung von Kontaktpersonen, Haustieren und kontaminierten Gegenständen (Spielzeug, Frisierbürsten et cetera). Die topische Therapie ist selten erfolgreich. Zur systemischen Therapie wird in Deutschland immer noch das bereits 1956 eingeführte Griseofulvin eingesetzt, weil Terbinafin und die Azole hier für den Einsatz bei Kindern nicht zugelassen sind.
Die Genitalmykosen bildeten einen weiteren Schwerpunkt. Von den verschiedenen Ursachen der Balanitis simplex ist die am häufigsten in Erwägung gezogene Ätiologie die Candidose. Dr. med. Katharina Friebe (Marburg) untersuchte 55 Patienten, davon 15 mit akuten und 33 mit rezidivierenden Balanitiden. Nur in sechs Fällen konnte C. albicans nachgewiesen werden, 36-mal wurden keine Erreger beziehungsweise nur apathogene Bakterien gefunden. Bei neun Patienten war eine antimykotische Therapie erfolgreich, obwohl nur fünf der Fälle einen positiven Pilznachweis zeigten.
Bei zwölf Patienten wurde gar nicht oder nur mit Pflegeempfehlungen behandelt; in den anderen Fällen erfolgte eine Therapie mit Corticoiden, systemischen Antibiotika oder eine Zirkumzision. Die Autorin folgerte, dass die routinemäßige mykologische Diagnostik bei Balanitis fraglich ist und dass der Erfolg einer antimykotischen Therapie oft nur auf den Salbengrundlagen beruht.
Da die Malassezia-(M.-)Hefen zu den lipophilen Mikroorganismen der residenten Hautflora des Menschen gehören und überwiegend in den seborrhoischen Arealen des Körpers zu finden sind, wurde von Dr. Marianne Schütz (Gießen) das lipidreiche Milieu des Präputialraums untersucht. Es wurde bei 130 klinisch unauffälligen Probanden ein Abklatschpräparat auf Dixon-Agar sowie ein weiterer Abklatsch auf Leeming-Notman-Agar gemacht. Um das volle Spektrum der Candida-Hefen nachweisen zu können, wurden die Medien ohne Cycloheximid verwandt. Nach zehntägiger Inkubation bei 32 °C wurden Malassezia- und Candida-Hefen nach mikromorphologischen und biochemischen Kriterien differenziert. Bei 49,2 Prozent der Probanden konnte M. spp. nachgewiesen werden und bei 20,8 Prozent C. albicans. Aus dem Ergebnis wird gefolgert, dass Hefen der Gattung Malassezia in dem lipidreichen Milieu des Präputialraumes gute Wachstumsbedingungen finden und deshalb möglicherweise Bestandteil der residenten Mikroflora der Glans penis sind. Physiologisch könnte ihnen eine Bedeutung bei der Infektabwehr und der Aufrechterhaltung der Barrierefunktion zukommen.
Im Rahmen der Umweltmykologie berichtete Prof. Axel Kramer (Greifswald) über Untersuchungen an Matratzenbezügen. Da bekannt ist, dass synthetische Matratzenbezüge zu einer Reduktion von Hausstaubmilben beitragen, sollte geprüft werden, ob sie auch zu einer Reduktion des Pilzwachstums auf Matratzen beitragen. Dazu wurden Staubproben von Matratzenbezügen aus Baumwolle und aus Polyurethan unter normalen Haushaltsbedingungen innerhalb von zwölf Monaten untersucht. Durch Auszählung der Pilzkolonien auf Agar-Schalen, die bei 20 °C und 37 °C inkubiert worden waren, wurde der Pilzbefall gemessen.
Die Pilzauszählungen ergaben bei Matratzen mit Baumwollbezügen signifikant höhere Werte. Am häufigsten isoliert wurden Penicillium ssp. und Aspergillus spp. Durch Verwendung von synthetischen Matratzenbezügen können bei Patienten, die sensibel auf Pilzallergene sind, Allergien vermieden werden.
Piriformospora indica ist ein neu beschriebener Pilz, der aus Pflanzenwurzeln in der Thar-Wüste (Rajastan, Indien) isoliert und den Hymenomycetes (Basidiomycetes) zugeordnet wurde. Die morphologischen Strukturen dieser Pilzart bei der Interaktion mit seinen Wirtspflanzen wurden mit dem LM, TEM und REM aufgeklärt. Sein Mycel dringt über die Wurzelepidermiszellen oder die Wurzelhaare in die Wurzel ein und wächst dann inter- und intrazellulär.
Die Hyphen beschränken sich auf die Epidermis der Pflanzenwurzel und bilden wirtsspezifische Strukturen. Piriformospora interagiert mit vielen Pflanzenarten der Mono- und Dikotylen und bewirkt eine starke Förderung des Pflanzenwachstums. Nach Angaben von Prof. Gerhard Kost (Marburg) könnte die wachstumsfördernde Eigenschaft des Pilzes in der Forst- und Landwirtschaft dazu beitragen, dass die Ausbringung von chemischen Düngemitteln erheblich reduziert werden kann.
Dr. rer. nat. Ferdinand Klinkhammer

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