POLITIK: Medizinreport
Multiple Sklerose: Entzündliche und degenerative Formen


Die Wissenschaftler fanden nun heraus, dass Immunphänomene allein die MS nicht in ihrem ganzen Ausmaß erklären können. Die Zerstörung der Oligodendrozyten, welche die Markscheiden bilden, beruht auch auf Schäden oder Störungen im Stoffwechsel dieser Zellen. Diese Stoffwechselstörungen sind vermutlich auf Gendefekte zurückzuführen. Die Forscher haben anhand histopathologischer Untersuchungen auch nachweisen können, dass bei einer größeren Gruppe von Patienten die Zerstörungen an den Achsenzylindern der Nervenzellen, die in der Magnet-Resonanz-Tomographie als „schwarze Löcher“ erscheinen und eine schlechte Prognose anzeigen, als degenerative Vorgänge einzustufen sind.
Mit der Kenntnis unterschiedlicher Arten der multiplen Sklerose kommen auch gezieltere Therapien in den Blick, die den zugrunde liegenden Krankheitsmechanismus berücksichtigen – zumal Interferon als Immunpharmazeutikum nur bei etwa einem Drittel der Patienten wirksam ist. Bei den degenerativen Vorgängen, die antientzündlich nicht zu beeinflussen sind, wird man vermutlich versuchen, den Stoffwechsel der Oligodendrozyten zu verändern – zum Beispiel mit Wachstumsfaktoren. EB