ArchivDeutsches Ärzteblatt14/2002Frühsommer-Meningoenzephalitis: Verträgliche Impfstoffe für die ganze Familie

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Frühsommer-Meningoenzephalitis: Verträgliche Impfstoffe für die ganze Familie

Hoc, Siegfried

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Die Zecke Ixodes ricinus – auch Holzbock genannt. Links ein männliches, rechts ein weibliches Tier Foto: Siegfried Hoc
Die Zecke Ixodes ricinus – auch Holzbock genannt. Links ein männliches, rechts ein weibliches Tier Foto: Siegfried Hoc
Bis zu 300 Personen erkranken jährlich in Deutschland an der durch Arboviren verursachten Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Circa 40 Prozent von ihnen leiden an Folgeschäden, etwa ein Prozent stirbt daran. Übertragen werden die Viren in der Mehrzahl durch den Stich einer Zecke, den Holzbock Ixodes ricinus.
Rechtzeitig zur Impfsaison 2002 hat das Paul-Ehrlich-Institut die Zulassung für den FSME-Impfstoff Encepur® Kinder erteilt. Zusammen mit dem drei Monate früher zugelassenen Impfstoff Encepur® Erwachsene sind nun sehr wirksame und besonders gut verträgliche FSME-Impfstoffe verfügbar. Das früher zur Stabilisierung verwendete Polygeline wurde durch nicht allergenen Zucker ersetzt. Dadurch ist die Verträglichkeit der Vakzine deutlich besser geworden.
Encepur Kinder enthält eine auf die Bedürfnisse der Kleinkinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr (ab dem zweiten Lebensjahr) und Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr abgestimmte Antigenkonzentration und keine Konservierungsmittel. Die gute Verträglichkeit und hohe Wirksamkeit von Encepur Kinder sei in umfangreichen klinischen Prüfungen bestätigt worden, berichtete Dr. Peter Gerold (Marburg).
An 68 Studienzentren in vier europäischen Ländern mit FSME-Risiko wurden die klinischen Studien mit den beiden neuen Impfstoffen an circa 6 700 Probanden durchgeführt. Mehr als die Hälfte der beteiligten Personen waren Kinder im Alter von einem Jahr bis elf Jahre. Dabei zeigte sich: Die neuen Impfstoffe sind hochimmunogen und gut verträglich.
Drei Teilimpfungen zur Immunisierung
Die Impfung besteht aus drei Teilimpfungen. Die ersten beiden Teilimpfungen sollten in einem Abstand von mindestens zwei Wochen (maximal ein bis drei Monate) erfolgen. Die dritte Teilimpfung schließt die Grundimmunisierung ab und sollte nach neun bis zwölf Monaten vorgenommen werden.
Ist eine Schnellimmunisierung angebracht, empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Sieben Tage nach der Erstimpfung wird die zweite und 14 Tage danach die dritte Impfung durchgeführt. Alle drei Jahre wird eine Auffrischungsimpfung (Booster-Impfung) empfohlen.
Der Kinderarzt Dr. Christoph Wittermann (Weilheim/ Obb.) hat bisher 62 Kinder mit der neuen Vakzine geimpft, davon 18 unter sechs Jahre und 19 zwischen sechs und elf Jahre. Bei keinem Kind stieg die Körpertemperatur am Tag der ersten Impfung über 38 oC an. Nur am Tag nach der zweiten Impfung reagierten sechs Kinder kurzfristig mit Fieber.
Die Inkubationszeit beträgt im Mittel zehn Tage. Das Krankheitsbild zeigt bei etwa 75 Prozent der Erkrankten einen biphasischen Fieberverlauf. Der erste Gipfel betrifft die Prodromalphase mit unspezifischen Symptomen wie zum Beispiel Fieber, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und allgemeinem Krankheitsgefühl. Der zweite Fiebergipfel betrifft die Manifestationsphase. In der Hälfte der Fälle entwickelt sich eine isolierte Meningitis mit guter Prognose, in circa 40 Prozent der Fälle eine Meningoenzephalitis, und bei zehn Prozent der Patienten tritt eine Myelitis und/oder Radikulitis auf. Die drei letzten Verlaufsformen hätten eine ungünstige Prognose, erinnerte Prof. Reinhard Kaiser (Pforzheim) bei einer Veranstaltung der Chiron Behring GmbH in München.
Folgeschäden
Mehr als ein Drittel der Patienten mit Meningoenzephalitis oder Myelitis leidet an Folgeschäden, wie dem Neurasthenischen Syndrom mit deutlich eingeschränkter Belastbarkeit und ständiger Müdigkeit. Weitere Folgen der Erkrankungen sind Gedächtnisschwund, Lähmungen, Gleichgewichtsstörungen und Gehöreinbußen. Siegfried Hoc

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