MEDIZIN: Diskussion
Depressive Störungen bei Patienten der Allgemeinmedizin: Empirische Forschung nötig
zu dem Beitrag Früherkennung und therapeutische Ansätze von Priv.-Doz. Dr. med. Hermann Ebel Dr. med. Karl Beichert in Heft 3/2002


Bei der Dominanz der Inneren Medizin für die Aus- und Weiterbildung müsste in allen Klinika ein selbstverständlicherer engerer Konsultationsdienst und eine engere Zusammenarbeit zwischen ihr, den anderen großen Fächern und der Psychiatrie beziehungsweise Psychosomatik angestrebt werden. In Hamburg war dies in den 60er-Jahren möglich: im Universitätskrankenhaus Eppendorf erhielt der Psychosomatiker regelmäßig Einblick in die Arbeit der kardiologischen Intensivstation.
Der Allgemeinarzt in der Praxis wird mit unsicheren und untypischen Fällen konfrontiert – logischerweise ist auch seine Diagnostik daher weniger gezielt und mehr von der Verlaufsbeobachtung abhängig. Auch der Patient braucht diese Zeit, um von seiner somatisierten Fixierung über die negative internistische Diagnostik Abstand zu bekommen. Dies darf nur nicht in Sprachlosigkeit enden, gerade dann muss die Körpersprache interpretiert werden.
Im psychiatrischen Notfall die Zeit zu überbrücken bis zu einer möglichen psychiatrischen Konsultation, ist eine fachliche wie menschliche Herausforderung mit hohem Risiko. Empirische Forschung, welche Fähigkeiten dabei besonders wichtig sind und welche Strategien dabei die erfolgreichsten sind, muss gefördert werden, damit dies in die Ausbildung zum Arzt und in die Weiterbildung zum Hausarzt wissenschaftlich begründet einfließen kann. Vielleicht kann die Forschung des Kompetenznetzwerkes Depression in Freiburg zur Umsetzung beitragen.
Prof. Dr. med. Gernot Lorenz
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Keplerstraße 13
72074 Tübingen
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