ArchivDeutsches Ärzteblatt38/2002Arzneimittelausgaben: Böse Buben

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Arzneimittelausgaben: Böse Buben

Korzilius, Heike

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LNSLNS Sollten die gesetzlichen Krankenkassen ihre Beiträge anheben müssen, liegt das an den steigenden Arzneimittelausgaben, für die wiederum die niedergelassenen Ärzte verantwortlich sind. Wahrscheinlich ist diese Argumentation, so falsch sie ist, wegen ihrer Schlichtheit so beliebt. Aufgegriffen wurde sie wieder einmal in der vergangenen Woche, weil die Ausgaben für Medikamente im Juli um 8,2 Prozent über denen des Vorjahresmonats lagen. Grund genug für die Kassen, von einer drohenden Kostenlawine zu sprechen und den Ärzten Wortbruch vorzuwerfen. Diese hätten sich nicht an die gemeinsame Vereinbarung gehalten, die Arzneimittelausgaben in diesem Jahr um 4,7 Prozent zu senken.
Das stimmt. Die Fairness gebietet es allerdings zu erwähnen, dass die Ausgabensteigerung in diesem Jahr drastisch unter der von 2001 liegt. Im ersten Halbjahr 2002 gaben die Kassen 3,9 Prozent mehr für Arzneimittel aus als im Vorjahr. Im Jahr 2001 verzeichnete man noch zweistellige Wachstumsraten.
Was bei Gesundheitspolitikern und Kassenfunktionären gerne in Vergessenheit gerät, ist die Tatsache, dass die Ärzte seit Jahren den Anteil an Generikaverordnungen steigern und den so genannter umstrittener Arzneimittel senken. Wenn die Kassenärzte argumentieren, das Ausgabenvolumen sei aufgrund innovativer und damit hochpreisiger Medikamente trotz aller Sparbemühungen nicht einzuhalten, sollte man sich zumindest die Mühe machen, dies zu überprüfen statt die altbekannten Vorwürfe zu wiederholen.
Die Arzneimittelausgaben machen mit einem Anteil von rund 16 Prozent an den GKV-Gesamtausgaben ein relativ bescheidenes Stück vom Kuchen aus. Es wäre durchaus lohnend, die anderen „Beitragssatztreiber“ zu identifizieren – allen voran versicherungsfremde Leistungen und den Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen. Es ist Pech für die Ärzte, dass sich im Arzneimittelbereich am besten die Daumenschrauben anlegen lassen. So planen die Krankenkassen bereits, die Mehrausgaben bei Medikamenten im kommenden Jahr bei den ärztlichen Honoraren wieder einzusparen. Die Dummen sind die Patienten, denen Leistungen vorenthalten werden, wenn die Ärzte nicht bereit sind, diese aus der eigenen Tasche zu subventionieren. Heike Korzilius

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