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Helgoland: Auf der roten Felseninsel


Die „lange Anna“
Es wird heller, die Sonne kommt heraus. In Cuxhaven sind noch ein paar Fahrgäste an Bord gekommen. Sie schauen jetzt, wie alle anderen, fasziniert den Möwenschwärmen zu, die den Fischkuttern und kleinen Dampfern folgen.
Schicksalsinsel
Der Felsen kommt in Sicht, zwischen zwei Wellenbergen leuchtet er dunkelrot in der Sonne, ein Postkartenbild. Helgoland, rund 70 Kilometer vom Festland entfernt, Schicksalsinsel in der Nordsee, ein Mikrokosmos von nicht mal einem Quadratkilometer Größe. Hier schrieb Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1841 das „Lied der Deutschen“, heute Nationalhymne. Damals war Helgoland britische Kolonie, und die Engländer waren es auch, die den Tourismus auf der Insel, die Kur im Meer, „erfunden“ haben. Erst 1890 wurde der Felsen zum „Edelstein in des deutschen Kaisers Krone“. Wilhelm II. hatte dafür Sansibar hergegeben, jenseits von Afrika (heute: Tansania). Immer war Helgoland etwas Besonderes: ein Naturdenkmal aus der Vorzeit, Deutschlands einzige Hochsee-Insel, zu allen Zeiten auch ein Symbol des Überlebenswillens seiner Bewohner, schließlich ein Lieblingsziel der Küstenurlauber und Hamburg-Touristen, heute auf dem Wege zu einem Wellness- und Kurbad. Dabei schien vor 55 Jahren das Ende der alten Friesengemeinde Helgoland besiegelt, nach mehr als tausend Jahren Geschichte.
Kriegs-Bombardement
„Hummerbuden“ im Fischereihafen.
Fotos: Frank Hoffmann
Fotos: Frank Hoffmann
Zwei Jahre nach diesem Angriff, als der 2. Weltkrieg längst vorüber und alle Bewohner evakuiert waren, fielen noch einmal Tausende von Bomben auf den Felsen: Mit einem „Big Bang“, so nennen die Insulaner das Ereignis bis heute, sprengten die Briten alle militärischen Anlagen zwischen der Langen Anna im Norden und dem Vorhafen an der Südspitze. Jahrelang nutzte die Royal Air Force auch danach noch die geschundene Insel als Übungsplatz für ihre Bomber. Die Helgoländer gaben dennoch die Hoffnung auf eine Rückkehr nicht auf. Sie mobilisierten Konrad Adenauer, die UNO und den Papst – mit Erfolg: Gleich in der ersten Saison nach dem Krieg 1952 stolperten gut 15 000 Tagesgäste über die Bombentrichter, die bis heute das Bild auf dem Oberland prägen.
Die Helgoländer kamen zurück, als genügend Häuser gebaut waren: 1953 wohnten nur 88 Insulaner auf dem roten Felsen, zehn Jahre später waren es knapp 3 000. Neuerdings stieg zwar die Zahl der Besucher wieder stark – fast 500 000 kamen allein im letzten Jahr, aber nur noch etwas über 1 600 Menschen wohnen ständig auf der Insel.
Zollfreie Zone
Noch erinnern zwar die vielen Whisky- und Parfümgeschäfte an den Fuselfelsen, das Billigziel zahlreicher „Butterfahrer“ der 70er- und 80er-Jahre, denn Helgoland genießt noch immer Zollfreiheit, und Mehrwertsteuer muss dort auch nicht bezahlt werden. Aber die Atmosphäre ist gediegener geworden, die Gastronomie an vielen Stellen uriger und zugleich anspruchsvoller. Mit großzügigen Fitness-Anlagen und mit Angeboten, die der Nachfrage von heute entsprechen, liegt Helgoland im Trend der Zeit.
Entspanntes Nichtstun
Vor allem die Natur macht den Aufenthalt zu einem unvergleichlichen Erlebnis. Die Kenner setzen sich nachmittags auf eine Bank auf dem Oberland und schauen zu, wie Seebäderschiffe die Reede zwischen Düne und Insel verlassen, sie beobachten Lummen, Dreizehenmöwen und Basstölpel, die in den Felsnischen Rast machen oder brüten, sie freuen sich im Frühjahr über die gelbe Blütenpracht des Klippenkohls. Abends schlagen die Insel-Urlauber ihre Kragen hoch, wandern gegen den Wind, zum Jachthafen oder zur Jugendherberge am Nordstrand. Manchmal endet der Spaziergang in „Didis Bürgerstuben“. Andere laufen noch ein Stück weiter, an den Hummerbuden vorbei, die jetzt zum Teil als Galerien dienen, oder sie lassen sich auf dem Oberland nochmal kräftig durchpusten. Danach muss ein Knieper-Essen folgen. Knieper sind Krebse, die im Gegensatz zum Helgoländer Hummer wirklich alle aus den Gewässern rund um den Felsen stammen. Frank Hoffmann
Auskunft: Helgoland-Touristic GmbH, Lung Wai 28, 27493 Helgoland, Telefon: 0 47 25/81 37-11 oder 12, Fax: 81 37-25, www.helgoland.de
Hotels und Privatquartiere: Hotel „Atoll“ (Telefon: 0 47 25/ 8 00-0, www.atoll.de); „Insulaner“ (Telefon: 0 47 25/8 14 10;
www. insulaner.com). Einen guten Überblick über Hotels, Gästehäuser und Privatquartiere gibt eine Broschüre der Touristic-GmbH.