BEKANNTGABEN DER HERAUSGEBER: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Bekanntmachungen: Therapiehinweis nach Ziffer 14 Arzneimittel-Richtlinien Palivizumab (z. B. Synagis™)


Palivizumab ist in Deutschland zugelassen zur Prävention der durch das respiratorisch-syncytial Virus (RSV) hervorgerufenen schweren Erkrankungen der unteren Atemwege, die Krankenhausaufenthalte erforderlich machen,
– bei Kindern, die entweder in der 35. Schwangerschaftswoche oder früher geboren wurden und zu Beginn der RSV-Saison jünger als sechs Monate sind;
– außerdem bei Kindern unter zwei Jahren, die innerhalb der letzten sechs Monate wegen bronchopulmonaler Dysplasie behandelt wurden.
Wirkungen
Palivizumab ist ein humanisiertes IgG und monoklonaler Antikörper, der das A-Epitop des Fusionsproteins des RSV-Virus bindet. Er ist aus 95 % humanen und 5 % murinen Antikörpersequenzen zusammengesetzt. Er besitzt eine neutralisierende und fusionsinhibitorische Aktivität gegenüber den beiden RSV-Untertypen A und B.
Wirksamkeit
In einer placebokontrollierten Studie bei 1 502 Kindern mit erhöhtem Infektionsrisiko (Randomisierung 2 : 1; 1 200 Palivizumab : 500 Placebo) führten 5-monatige Gaben* des IgG zu RSV-Hospitalisierungsraten der Placebo-Gruppe von 10,6 und in der Palivizumab-Gruppe zu 4,8 % der Fälle. Auf der Basis dieser Daten beträgt die absolute Risikoreduzierung 5,8 %, woraus folgt, dass 17 Kinder behandelt werden müssen, um einer Krankenhausaufnahme vorzubeugen. Die Schwere der RSV-Erkrankung bei hospitalisierten Kindern, bezogen auf den Aufenthalt (Tage) auf der Intensivstation pro 100 Kinder und Tage unter künstlicher Beatmung pro 100 Kinder, wurde durch die Prophylaxe durch Palivizumab nicht beeinflusst.
Auch die Otitis media war in beiden Behandlungsgruppen gleich häufig. Unter der Behandlung mit Palivizumab traten vier Todesfälle und unter Placebo einer auf.
Risiken – ggf. Vorsichtsmaßnahmen
Bei Patienten mit mäßig bis schweren akuten Infektionen oder fieberhaften Erkrankungen kann eine zeitlich verschobene Anwendung von Palivizumab gerechtfertigt sein. In den pädiatrischen Studien zur Prophylaxe traten sowohl in den Placebo- als auch in den Palivizumabgruppen vergleichbare Nebenwirkungen auf.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Fieber, Reaktionen an der Injektionsstelle und Nervosität. Selten kam es zur Erhöhung der Transaminasen.
Injektionsvolumen von mehr als 1 ml sollten als geteilte Dosen verabreicht werden.
Zurzeit liegen keine Erfahrungen mit mehr als fünf Injektionen während einer Saison vor.
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise
Die RSV-Infektion ist häufig. Es wird geschätzt, dass 50 bis 70 % aller Kinder im ersten Lebensjahr die Infektion durchmachen. Das RSV-Virus ist Ursache von 60 bis 90 % der Krankenhausbehandlungen in Europa vor allem wegen Bronchiolitis und Bronchopneumonie. Zu den Risikogruppen zählen Frühgeborene sowie Kinder mit vorgeschädigter Lunge und/oder Herzfehler sowie immunsupprimierte Patienten. Außerhalb dieser Risikogruppen verläuft die Erkrankung meist selbstlimitierend.
In der nördlichen Hemisphäre kommt es üblicherweise zu RSV-Infektionen zwischen November und April. In der Phase-III-Studie bestand eine Hospitalisierungsrate für Risikokinder von etwa 10 %.
Palivizumab ist nicht zur Therapie des RSV-Virus, sondern lediglich zur Prophylaxe angezeigt.
Es reduziert nach heutiger Kenntnis nur die Hospitalisierungsraten und nicht Mortalität und Schwere der Erkrankung, wie zum Beispiel die Beatmungspflichtigkeit. In welchem Maße die im Ausland gewonnenen Daten zur Krankenhausaufnahme auf deutsche Verhältnisse übertragbar sind, ist nicht untersucht. Die Kosten-Nutzen-Bewertungen basieren zurzeit nicht auf validen Untersuchungen, sondern wurden bisher unter Zuhilfenahme der einzigen Zulassungsstudie kalkuliert.
Bei vielen Kindern, die unter die zugelassenen Indikationen fallen, ist anzunehmen, dass das Risiko, wegen schwerwiegender Erkrankung einer erneuten Krankenhausaufnahme zu bedürfen, gering ist und damit vermutlich auch der potenzielle Nutzen der Gabe von Palivizumab.
Der Einsatz von Palivizumab erscheint unter diesen Aspekten wirtschaftlich bei folgenden Fallgestaltungen:
1. Kinder mit chronischen Lungenerkrankungen (CLD) als Folge einer bronchopulmonalen Dysplasie bis zum Alter von zwei Jahren, die in den letzten sechs Monaten vor Beginn der RSV-Saison noch eine Behandlung (z. B. Sauerstofftherapie) für die CLD erhalten haben. Die Prophylaxe im zweiten Jahr sollte der schweren Form der CLD vorbehalten sein.
2. Kinder ohne chronische Lungenerkrankungen, die
– vor Vollendung der 28. Schwangerschaftswoche geboren wurden und bei Beginn noch keine 12 Monate alt sind,
– vor Vollendung der 29. bis 32. Schwangerschaftswoche geboren wurden und bei Beginn der RSV-Saison noch keine sechs Monate alt sind,
– vor Vollendung der 32. bis 35. Schwangerschaftswoche geboren wurden und bei Beginn der RSV-Saison noch keine sechs Monate alt sind, nur nach individueller Abwägung weiterer Risikofaktoren, die für eine schwere pulmonale Erkrankung disponieren.
Das Medikament ist nicht zugelassen für Kinder mit kongenitalen Herzerkrankungen. Bei diesen wird der Einsatz nicht empfohlen. Es fehlen Erfahrungen bei Kindern unter Immunsuppression bzw. mit immunsupprimierenden Erkrankungen.
Das Medikament ist bei Erwachsenen nicht angezeigt.
Kosten
Stand: September 2000
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