ArchivDeutsches Ärzteblatt PP9/2002Mitteilungen: Die Leitlinien-Clearingverfahren „Asthma bronchiale“ und „Diabetes mellitus Typ 2“

BEKANNTGABEN DER HERAUSGEBER: Kassenärztliche Bundesvereinigung - Bundesärztekammer

Mitteilungen: Die Leitlinien-Clearingverfahren „Asthma bronchiale“ und „Diabetes mellitus Typ 2“

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LNSLNS – Zusammenfassung der Ergebnisse und empfohlenen Maßnahmen –
Henning Thole, Olaf Weingart, Günter Ollenschläger

Hintergrund und Zielsetzung: Zur Qualitätsförderung in den Versorgungsbereichen Asthma bronchiale sowie Diabetes mellitus Typ 2 beschlossen die Partner des Deutschen Leitlinien-Clearingverfahrens (Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenversicherung – sowie seit 2002 zusätzlich die Gesetzliche Rentenversicherung und der Verband der Privaten Krankenversicherungen) im Jahr 2000 die kritische Bewertung und Darlegung der Qualität nationaler, deutsch- und englischsprachiger Leitlinien zu den genannten Themen nach den Kriterien der Evidenzbasierten Medizin (zur Methodik: www.leitlinien.de sowie BÄK, KBV: Das Leitlinien-Clearingverfahren. Dtsch Arztebl 1999; 96: A-2105). Auf der Grundlage der Bewertung wurden Empfehlungen für deutsche, evidenzbasierte Leitlinien formuliert.
Methode: Leitlinienrecherche, forma-
le Bewertung: Datenbankrecherchen in Xmed, Medline, Healthstar, Embase, Leitlinien-In-Fo für den Zeitraum von 1990 bis 2000. Einschlusskriterien für die Bewertung: Sprachen Deutsch/Englisch; überregionale und aktuellste Leitlinie. Sichten der Ergebnisses (193 Zitate für Diabetes, 502 Zitate für Asthma). Die Einschlusskriterien erfüllten 17 (Diabetes) beziehungsweise 16 (Asthma) Leitlinien, bei diesen erfolgte die formale Bewertung mit Hilfe der Checkliste Methodische Qualität von Leitlinien (ÄZQ. Checkliste „Methodische Qualität von Leitlinien“ Dtsch Arztebl 1998; 95: A-2576 (aktuelle Version unter www.leitlinien.de).
Inhaltliche Bewertung: Inhaltliche Bewertung der formal bewerteten Leitlinien durch Fokusgruppe von ärztlichen Leitlinienanwendern aus ambulanter und stationärer Versorgung sowie Methodikern („Expertenkreise Diabetes mellitus Typ 2 und Asthma bronchiale der ÄZQ“).
Ergebnisse: Formale Bewertung: Deutliche Unterschiede in der Qualität fanden sich bei beiden Themenbereichen bezüglich der Faktoren: „Leitlinien-Entwicklungsprozess“, „Verknüpfung von Empfehlung und Evidenz“, „Empfehlungen zur Implementierung“ – bei den Diabetes-Leitlinien zusätzlich bezüglich der „Unabhängigkeit der Leitlinien-Entwicklung“ und der „Leitlinien-Praktikabilität“. Künftigen deutschen Leitlinienprogrammen zu den beiden Themenbereichen wird die Berücksichtigung folgender Kriterien empfohlen: (1) Formulierung der Empfehlungen mittels standardisierter, transparenter Konsensusprozesse auf der Grundlage systematisch recherchierter und bewerteter Evidenz, (2) Verknüpfung von Evidenz und Empfehlungen, (3) Erarbeitung unterschiedlicher, an die Zielgruppen angepasster Versionen für Anwender und Patienten und/oder Angehörige, (4) Erarbeitung leitliniengestützter Trainingsmaterialien für Anwender, (5) kurzfristige Aktualisierung.
Inhaltliche Bewertung: Keine der bewerteten Leitlinien entspricht vollständig den folgenden inhaltlichen Eckpunkten, die die Fokusgruppen für eine überregionale deutsche Typ 2-Diabetes- beziehungsweise Asthma-bronchiale-Leitlinie empfehlen: (1) Ziele und Anwendungsbereich; (2) Definition, Klassifikation/ Formen, Schweregrade, Ursachen der Erkrankungen; (6) Diagnostik/Differenzialdiagnostik/Screening; (7) Therapieziele und Grundsätze der Behandlungsstrategien; (8) Prävention; (9) Nichtmedikamentöse Therapie; (10) Medikamentöse Therapie inklusive Schulung; (11) Therapiekontrolle, Selbstkontrolle; (12) Notfallmaßnahmen; (13) Rehabilitation; (14) Komorbidität; (15) Spezielle Aspekte; (16) Versorgungskoordination; (17) Qualität der Versorgung (Qualitätsmanagement, Hinweise zur wirtschaftlichen Versorgung); (18) Implementierung.
Die Grundlage sämtlicher Empfehlungen (wissenschaftlich, Konsens, Erfahrung) sollte stets explizit benannt werden (Evidenzbasierung). Ökonomische Implikationen als Kriterium bei alternativen Handlungsoptionen sind explizit zu berücksichtigen. Die Formulierungen der Leitlinie sollten den Handlungskontext der angesprochenen Nutzer (zum Beispiel Hausärzte) berücksichtigen.
Die Ergebnisse der Expertenkreise Diabetes mellitus und Asthma bronchiale zeigen anhand beispielhafter Textbausteine aus den bewerteten Leitlinien, dass die Erarbeitung deutscher Leitlinien, die den formalen und inhaltlichen Qualitätskriterien des Clearingverfahrens entspricht, auf bestehende Leitlinien abgestützt werden kann.

Maßnahmenkataloge zur Realisierung der Empfehlungen der Clearingberichte: Die Steuergruppe des Clearingverfahrens hat folgende Empfehlungen zur Realisierung der Clearingberichte beschlossen:

„Evidenzbasierte nationale Leitlinien“:
c Entwicklung nationaler evidenzbasierter Leitlinien zu beiden Themen auf der Basis der Clearingberichte.
c Erstellung evidenzbasierter Patienteninformationen und ggf. von Schulungsmaterialien auf der Grundlage evidenzbasierter Quellen (zum Beispiel Leitlinien).
c Einbeziehung insbesondere der Definition von Klinischen Messgrößen/Qualitätsindikatoren bei der Leitlinien-Entwicklung.
c Koordination und Qualitätskontrolle der Leitlinienentwicklung durch die ÄZQ.

„Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement“:
c Entwicklung, Evaluation, Implementierung von QS/QM-Maßnahmen und geeigneter Indikatoren unter Berücksichtigung der Clearingberichte.
c Implementierung von Empfehlungen der Clearingberichte in der ambulanten und/oder stationären Versorgung (zum Beispiel Disease-Management-Programme, strukturierte Versorgung).

„Öffentlichkeitsarbeit“:
c Information und Förderung des öffentlichen Bewusstseins für die notwendigen, evidenzbasierten Maßnahmen zur Prävention und Management von Diabetes mellitus beziehungsweise Asthma bronchiale unter Berücksichtigung der Aspekte der Berufsfindung und spezieller Aspekte und Anforderungen in Bezug auf Kinder, ältere Patienten und Schwangere.
c Bereitstellung von evidenzbasiertem Patienteninformationsmaterial.

„Aus-, Weiter-, Fortbildung über evidenzbasiertes Diabetes- beziehungsweise Asthma-Management“:
c Berücksichtigung der Ergebnisse des Clearingberichtes in der ärztlichen Aus-, Weiter-, Fortbildung und Qualitätszirkelarbeit.
„Berücksichtigung evidenzbasierter Empfehlungen in der Versorgung“:
c Implementierung EbM-gestützter interner Handlungsanweisungen.


„Vorschläge an die Mitglieder des Koordinierungsausschusses“:
c Information des Koordinierungsausschusses über die Ergebnisse der Clearing-Verfahren.
c Entwicklung von Qualitätsindikatoren auf der Basis von evidenzbasierten Leitlinien gemäß § 137e SGB V.
„Versorgungsforschung“:
c Überprüfung der Umsetzung von Leitlinien und Implementierungsmaßnahmen durch Versorgungsforschungsprojekte.
„Monitoring der Umsetzung des Maßnahmenkataloges und der Empfehlungen der Clearingberichte“:
c Einrichtung nationaler Monitoring-Gruppen zum Diabetes mellitus Typ 2 bzw. zum Asthma bronchiale bei der ÄZQ.
Die ausführlichen Fassungen der Leitlinien-Clearingberichte Asthma bronchiale sowie Diabetes mellitus Typ 2 sind zugänglich über die Internet-Adresse der Ärztlichen Zentralstelle Qualitätssicherung: http://www.leitlinien.de sowie in der Schriftenreihe der ÄZQ.

Korrespondenzadresse:
Henning Thole (Asthma-Bericht)
Olaf Weingart (Diabetes-Bericht)
Prof. Dr. G. Ollenschläger
Ärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung – Leitlinien-Clearingstelle
Aachener Straße 233–237, 50931 Köln
E-Mail: clearingstelle@azq.de

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