THEMEN DER ZEIT
Ärztliche Qualitätszirkel: Positive Auswirkung auf Arzt-Patient-Beziehung
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Jahren in Westfalen-Lippe wissenschaftlich dokumentiert.
Zurzeit nehmen mehr als 7 000 Ärzte an 520 Zirkeln teil.
Seit 1993 gibt es in den Kassenärztlichen Vereinigungen ärztliche Qualitätszirkel (QZ) – eine Initiative, die sich inzwischen als ein wichtiges Instrument zur Qualitätsförderung in der vertragsärztlichen Versorgung etabliert hat. Bereits 1998, bei der letzten bundesweiten Querschnitterhebung, konnte festgestellt werden, dass sich mehr als 25 Prozent der niedergelassenen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an Qualitätszirkeln beteiligen. Dennoch ist in der Öffentlichkeit wenig über die Arbeit der Qualitätszirkel bekannt.
In der KV Westfalen-Lippe (ebenso wie in der KV Bremen und KV Sachsen-Anhalt) werden die Qualitätszirkel seit mehr als fünf Jahren wissenschaftlich begleitet. So führt das AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, Göttingen, in Westfalen-Lippe eine kontinuierliche Basisdokumentation der QZ durch. Darüber hinaus wurde in zwei weiterführenden Untersuchungen der Stand der Entwicklung der QZ evaluiert.
In Westfalen-Lippe gibt es derzeit 520 Qualitätszirkel mit geschätzt bis zu 7 350 Teilnehmern. Wenn auch Ärztinnen und Ärzte häufig in mehreren QZ mitarbeiten, so bedeutet dies dennoch, dass inzwischen bis zu 65 Prozent der Vertragsärzte an einem Qualitätszirkel teilnehmen. 24 Prozent aller derzeit bestehenden QZ wurden erst im Jahr 2001 gegründet, wobei Westfalen-Lippe im Regionalvergleich eine besonders hohe Neugründungsrate aufweist.
Mit der Basisdokumentation ärztlicher QZ wurde ein wissenschaftliches Dokumentationssystem aufgebaut, bei dem die Moderatoren nach jeder Sitzung Dokumentationsbögen mit den wichtigsten Angaben einschicken. Das AQUA-Institut wertet die Daten aus und erstellt vierteljährlich Berichte an die KV und die Moderatoren. Die Moderatoren erhalten zusätzlich halbjährlich Rückmeldungen mit Vergleichsdaten aus allen QZ. Mit den Quartalsberichten erhalten die Moderatoren zusätzlich Themenübersichten aus anderen fachverwandten QZ und damit auch Anregungen zum Austausch untereinander.
Trotz des Aufwandes beteiligen sich mehr als 300 QZ-Moderatoren (64 Prozent) an der Basisdokumentation. Seit 1995 konnten 3 260 Sitzungen in die Auswertungen einbezogen werden. Für die hohe Kontinuität dieser Gruppen spricht, dass es 81 Prozent der über 50 QZ, die bereits 1996 an der Basisdokumentation teilnahmen, auch im Jahr 2001 noch gab.
Qualitätszirkel gibt es in allen größeren Fachgruppen; Schwerpunkte in Westfalen-Lippe liegen in der Allgemeinmedizin und der Inneren Medizin sowie der Nervenheilkunde. Durchschnittlich 15 Ärztinnen und Ärzte beteiligen sich an einem QZ, die Sitzungen – meist monatlich bis zweimonatlich – dauern im Durchschnitt 135 Minuten.
Qualitätszirkelarbeit bedeutet eine kontinuierliche, themenzentrierte und erfahrungsbezogene (möglichst auf Dokumentation der Praxisrealität gestützte) Gruppenarbeit mit dem Ziel der Förderung der eigenen Versorgungsqualität. Die Basisdokumentation der QZ in Westfalen-Lippe zeigt, dass in 72,3 Prozent der QZ-Sitzungen medizinische Themen im engeren Sinne im Mittelpunkt stehen, dagegen nur in 15,3 Prozent typische berufspolitische Themen.
Entgegen einem verbreiteten Vorurteil, QZ seien „verkappte Selbsterfahrungsgruppen“ oder „ärztliche Stammtische“, zeigt der dokumentierte Sitzungsverlauf, dass in 85 Prozent themenbezogene Arbeit geleistet wird. In etwa 55 Prozent der Sitzungen – mit kontinuierlich steigender Tendenz – werden Daten aus der Dokumentation der eigenen Praxis diskutiert. Vor allem durch die freiwillige und selbst organisierte Arbeit in Kleingruppen sowie die fallbezogene oder dokumentationsgestützte Analyse des eigenen Praxisalltags können Qualitätszirkel oft die Begrenzungen traditioneller Fortbildung überschreiten.
Nach Einschätzung der Moderatoren ist auch die Zufriedenheit mit der QZ-Arbeit hoch. Besonders positiv wird die Gruppenatmosphäre eingeschätzt (durchschnittlich 1,6 in einem Notensystem von 1 bis 6); der sachliche Ertrag wird mit 1,8 bewertet.
Durch ein „Assessment des Entwicklungsstandes ärztlicher Qualitätszirkel“ wurde im Auftrag der KV Westfalen-Lippe bereits 1998/99 die Frage untersucht, in welchem Maße die QZ die grundlegenden Anforderungen an Qualitätszirkelarbeit realisieren konnten. Eine Checkliste, die entsprechende Merkmale abfragte, die von den Moderatoren aber auch selbstständig genutzt werden konnte, um den Stand ihres QZ einzuschätzen, wurde von 61 Prozent der Moderatoren ausgefüllt. Eine anhand internationaler Vorbilder erstellte fünfstufige Bewertung ergab, dass 29,6 Prozent aller QZ alle grund-
sätzlichen Merkmale von QZ-Arbeit weitgehend realisiert hatten und bei weiteren 54,9 Prozent entsprechende Merkmale partiell vorhanden waren. Nur 15 Prozent der befragten Gruppen mussten auf den drei unteren Stufen der Skala eingestuft werden, bei denen Anforderungen an Qualitätszirkelarbeit nur rudimentär oder noch überhaupt nicht umgesetzt waren.
In einer Teilnehmerbefragung, an der sich 1999/2000 QZ-Mitglieder aus 41 Zirkeln in Westfalen-Lippe beteiligten, wurden Erwartungen und Erfahrungen der Teilnehmer erhoben. Das Arbeitsergebnis wurde danach weit überwiegend positiv eingeschätzt. Praxisgerechtheit der Ergebnisse, Wissenszugewinn und auch die positive Auswirkung auf die Arzt-Patient-Beziehung wurden hervorgehoben. Als Ergebnis der Mitarbeit werden zum Teil erwünschte Erfahrungen (zum Beispiel den Kontakt zu Kollegen zu verbessern) genannt, zum überwiegenden Teil aber auch unerwartete Veränderungen: beispielsweise emotionalen Rückhalt zu gewinnen, Ansätze zur Veränderung des Verhaltens in der täglichen Praxis. Die Teilnehmer von mehr als 70 Prozent der QZ gaben an, dass ihre Erwartungen durch die Teilnahme eingelöst oder übertroffen wurden.
Dr. med. Wolfgang Aubke
Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe
Robert-Schimrigk-Straße 4–6
44141 Dortmund
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