ArchivDeutsches Ärzteblatt43/1996Rückschlag für Malariaimpfstoff: SPf66-Vakzine ist aus dem Rennen

SPEKTRUM: Akut

Rückschlag für Malariaimpfstoff: SPf66-Vakzine ist aus dem Rennen

Meyer, Rüdiger

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LNSLNS Es war fast wie im Märchen: Ein wissenschaftlicher Outsider aus der dritten Welt findet den langersehnten Impfstoff gegen die Malaria, den Forscher der Industrieländer für unmöglich gehalten haben und an dessen Entwicklung die Pharmaindustrie wegen fehlender Gewinnaussichten angeblich gar nicht interessiert war. Ohne große finanzielle Mittel gelingt es dem "sprunghaften Tüftler, mit einer Neigung zu hemmungslosen Übertreibungen" (Science 273, S. 1652, 1996), den Impfstoff durch präklinische und erste Feldversuche zu boxen. Als sich ein Erfolg abzeichnet, fehlt es ihm nicht an Edelmut. Statt seine Erfindungen für teures Geld zu verkaufen, kündigt er Anfang 1995 an, alle Rechte der WHO zu schenken. Doch Märchen werden selten wahr, und nun scheint die Wirklichkeit auch den Kolumbianer Manuel Patarroyo eingeholt zu haben. Sein Malariaimpfstoff SPf66 hielt einer erneuten Überprüfung nicht stand.


Mit einer herben Enttäuschung endete eine Studie, welche die US-Armee zwischen 1993 und 1995 in Thailand durchführen ließ. Im Feldversuch mit 1 200 Kindern konnte keine Malariaerkrankung verhindert werden. Dabei hatte sich der Impfstoff zunächst als vielversprechend erwiesen. In drei kleineren Feldversuchen senkte SPf66 die Zahl der Ersterkrankungen um über 30 Prozent. Doch die Teilnehmerzahl war jeweils zu gering, um zu statistisch verwertbaren Ergebnissen zu kommen. Außerdem wurde die Zahl der schweren Malariakomplikationen (Anämie, zerebrale Malaria) nicht vermindert. Der synthetische Impfstoff schien die Abwehrkräfte der Infizierten nur so weit zu mobilisieren, um leichtere Verlaufsformen abzuschwächen. Eine 1995 in Gambia durchgeführte Untersuchung dämpfte den Optimismus weiter: die Zahl der Ersterkrankungen wurde nur um acht Prozent gesenkt.


Daß nicht einmal diese minimale Wirksamkeit in der jetzt aussagekräftigen Studie reproduziert werden konnte, ist nach Ansicht der Autoren der definitive Beweis, daß die Vakzine die Erwartungen nicht erfüllt. Weitere Studien seien nicht erforderlich. Die WHO möchte zwar noch eine Studie in Tansania durchführen, wo 1994 die Erkrankungszahl um 31 Prozent gesenkt werden konnte. Es ist jedoch fraglich, ob ohne die finanzielle Unterstützung der USA und anderer Industrieländer daraus etwas wird. Ein Gutes hat die Geschichte dennoch gehabt: Die ersten Erfolgsmeldungen Patarroyos haben die Vakzineforschung neu stimuliert. Laut Science gibt es derzeit drei vielversprechende Kandidaten. Zwei wurden in den USA entwickelt, ein dritter
australischer Impfstoff wird bereits in Papua-Neuguinea im Feldversuch getestet. Rüdiger Meyer

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