BRIEFE
Betrugsverdacht: Versehentlicher Eintrag
Facharzt rechnet eine Woche nach dem Tod eines Patienten Hausbesuch ab:


Das traf mich unvermittelt hart, zumal ich damals Kreisvorsitzender und Mitglied der Vertreterversammlung der KV und der Ärztekammer war. Als Internist machte ich nur wenige Hausbesuche. An den genannten Patienten konnte ich mich daher gut erinnern. Leichenschau und Dokument über den Toten hatte ich vollzogen. Meine dreizehn Mitarbeiterinnen in meiner Praxis, die die Krankenscheineintragungen machten, konnten sich auch keinen Reim auf den Vorfall machen. Drei Tage und drei Nächte war meine Stimmung gedrückt, der Schlaf gestört. Antje, die dienstälteste und immer zuverlässige Mitarbeiterin, fand schließlich des Rätsels Lösung: Die Ehefrau des Verstorbenen war auch Patientin bei uns. Sie hatte ich eine Woche nach dem Tod des Ehemanns zu Hause besucht. Und dieser Besuch war nicht auf dem Krankenschein der Ehefrau eingetragen, sondern versehentlich auf dem Schein des Verstorbenen. Nur gut, dass es damals Krankenscheindurchschläge bei Rentnerscheinen für Patienten gab. Beide befanden sich noch in der Krankenakte. Der Hausbesuch bei einem Verstorbenen eine Woche nach seinem Tod hätte die Kassenärzte in Hamburg getroffen. Die in jedem Jahresquartal von den Kassen an die KV errechnete Honorarsumme wurde pauschal an die KV gezahlt, die nach dem Honorarverteilungsschlüssel das Geld an die Kassenärzte verteilte. Hätte sich der Verdacht des Betruges bestätigt, wären Patient oder Kasse nicht beeinträchtigt worden. Ein finanzieller Schaden wäre ihnen durch unser Versehen nicht entstanden.
Ein Glück, dass ich unter den heutigen Bedingungen keine Kassenpatienten mehr zu betreuen habe.
Dr. med. Helmuth Kühn,
Ernst-Albers-Straße 14a,
22043 Hamburg-Marienthal