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Was ist passiert? Die Donau-Metropole fällt in einen motorischen Taumel, zelebriert ein tradiertes Ritual, wird zur Nummer eins unter den Ballorten mit dem „schönsten Ballsaal der Welt“. Den Auftakt bestreitet jedes Mal die Polizei. Sie vertreibt einige Hundert Demonstranten hinter die Sperrgitter zwischen Walfischgasse und Opernring. Die protestieren gegen Politik und Krieg und gegen selbst ernannte Prominente. Und auch drinnen hat zu Beginn des Walzerfestes die kleine Jugend-Fraktion das Sagen: befrackte Tanzjünglinge schwingen strassgekrönte Debütantinnen zu Straußens Hits, während japanische Manager, zugereiste Minister und ein Baulöwe aus den Logen herunterblinzeln.
Und dann feiert die ganze Stadt nach. Und die Feier geht im Grunde bis zum nächsten Opernball. Zuerst macht die Presse Bilanz: Eine monegassische Prinzessin sei abgereist wegen Unstimmigkeiten bei der Platzierung für die Polonaise. Dann ziehen die Restaurants nach – mit Opernhackbraten, Straußnockerln und Eiskrem „Ballgeflüster“. Nur das Opernhaus, das ist längst wieder ganz normal mit „Norma“ und „Tosca“: Das Parkett ist wieder mit Stühlen und Hustern besetzt, das gelbe Rosendekor der Balkons und Logen ist teilweise von den Ballgästen geklaut worden. Dafür schmücken sich jetzt die Balkons der imperialen Stadthäuser am Ring mit ersten Frühlingsblüten. Und man konzentriert sich auf neue Bälle: den Ball der Kaffeesieder (Cafétiers), den der Philharmoniker, den Concordia-Ball der Journalisten, den Sommeranfangsball in Prinz Eugens Schloss Belvedere. Zu Silvester hochnobel: der Kaiserball in der Hofburg.
Im Park von Schönbrunn sitzen jetzt im ersten Aprilgrün junge Paare, machen Kassensturz und überlegen. ob es nächstes Jahr vielleicht zu einem einfachen Stehplatz beim Ball der Bälle reichen würde (Kostenpunkt: 225 Euro für den Stehplatz). Andernfalls könnt man nach Budapest ausweichen. Dort soll’s auch so ein k. u. k.-Tanzvergnügen in der Oper geben, aber billiger im Preis, intimer, und gewürzt mit magyarischem Csardas. Bernd Juds
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