ArchivDeutsches Ärzteblatt PP7/2003Nach der Krebsdiagnose. Systemische Hilfe für Betroffene, ihre Angehörigen und Helfer

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Nach der Krebsdiagnose. Systemische Hilfe für Betroffene, ihre Angehörigen und Helfer

Hagemann, Wolfgang

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Diagnose Krebs: Familie miteinbeziehen
Wolfgang Hagemann (Hrsg): Nach der Krebsdiagnose. Systemische Hilfe für Betroffene, ihre Angehörigen und Helfer. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2003, 170 Seiten, broschiert, 14,90 €
Nicht der Einzelne ist von der Diagnose Krebs betroffen, sondern seine Familie und Umgebung leiden mit und finden sich oft in einem „emotionalen Durcheinander“ aus Orientierungslosigkeit, gegenseitiger Sprachlosigkeit, Hilflosigkeits- und Überforderungsgefühlen wieder.
Der psychotherapeutische Blick richtet sich somit nicht allein auf den Einzelnen und das Verständnis des eigenen Werdens im Kontext diverser Beziehungserfahrungen. Um allen Betroffenen möglichst frühzeitig Gelegenheit für eine neue Balance zu geben, plädiert der Autor dafür, sich als Behandler bald nach der psychotherapeutischen Diagnosestellung, einen gründlichen Überblick über familiäre Strukturen und Beziehungsmuster des Patienten zu verschaffen. Er bezieht gegebenenfalls Ehepartner und Kinder aktiv mit ein, um Ängste und Nöte sowie Mythen, Krankheitserfahrungen, unterschwellige Konflikte zu erfassen und Bewältigungsstrategien der Kernfamilie in die Behandlung zu integrieren. Dieser integrative Ansatz scheint ein dringliches Argument für die Erweiterung der bisherigen Richtlinientherapie, in der diese Öffnung noch immer nicht gestattet ist.
Nach kurzen theoretischen Überlegungen und einer Einordnung der systemischen Dia-
gnostik in den psychotherapeutischen Kontext, folgt das Zentrale dieses Buches: „Eine Familienaufstellung in fünf Akten“, in welchen der systemisch-integrative Ansatz anschaulich, lebendig dargestellt und die Krebserkrankung in ihrer dynamischen Auswirkung auf das Familienleben verdeutlicht wird. Als ärztlicher Leiter der Röher Parkklinik gibt der Autor Einblick in das multimodale Therapiekonzept der Klinik und veranschaulicht diesen Ansatz an zwei Fallbeispielen.
Unverständlich ist, dass ausschließlich von „psychotherapeutischer Medizin“ und lediglich von „Ärzten als Psychotherapeuten“ die Rede ist. Dass auch Psychologen psychotherapeutisch tätig sind, wird hier mit keinem Wort erwähnt. Diese Spaltung scheint in einigen Kreisen noch nicht überwunden. Erfreulich der Aufsatz von Gabriele Enders über Kinder von krebskranken Eltern. Weniger erfreulich, dass es ihren Recherchen nach wenig an Fachliteratur über Verarbeitungs- und Bewältigungsstrategien der Kinder zu diesem Thema gibt. In diesem Aufsatz kommt unter anderem eine Jugendliche zu Wort, die, mit Krebserkrankung und Tod der Mutter konfrontiert, über ihren eigenen Weg der Verarbeitung erzählt. Ein positives Beispiel für gelungene Zusammenarbeit und offener Kommunikation aller am Prozess Beteiligten. Ingritt Sachse

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