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Wissenschaftliche Beratung: Nachgeschmack


Als Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach bei einem Satellitensymposium des Unternehmens Unilever Bestfoods anlässlich des Europäischen Kardiologenkongresses in Wien eine Kosten-Nutzen-Analyse seines Hauses (Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität zu Köln) zum Verzehr von Margarine mit Phytosterinestern (Becel pro·activ) vorgestellt hatte, gab es nicht nur offen geäußerte, fachliche Kritik.
Die Modellrechnung des „Beraters der deutschen Bundesregierung“ hatte ergeben, dass sich innerhalb von zehn Jahren 117 000 neue KHK-Fälle vermeiden – und somit Gesundheitsausgaben in Höhe von 1,3 Milliarden Euro einsparen – ließen, wenn gefährdete Personen ihren Fettverzehr auf Margarine mit Phytosterinestern umstellen würden. Unabhängig davon, ob das für die statistische Analyse verwendete Markow-Modell aus dem Jahr 1907 heute noch Relevanz für EbM-basierte Fragestellungen hat und ob die Ergebnisse auf eine deutsche Population übertragbar sind, da das Modell auch von Voraussetzungen der amerikanischen Framingham-Studie ausgeht, fragten sich viele Kongressteilnehmer, warum Lauterbach sich für ein Consumer-Produkt stark macht.
Sicher, auch Mediziner machen im Auftrag der Industrie Arzneimittelstudien und präsentieren diese auf Kongressen. Formal ist an dem Wiener Kongressauftritt nichts zu kritisieren. Aber es bleibt ein „ranziger“ Nachgeschmack. Und man kann nur hoffen, dass der deutschen Bevölkerung demnächst nicht Margarine „per Dekret“ aufs Butterbrot geschmiert wird. Dr. med. Vera Zylka-Menhorn