ArchivDeutsches Ärzteblatt50/2003Praxisgebühr: Kein Weihnachtsmärchen

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Praxisgebühr: Kein Weihnachtsmärchen

Gerst, Thomas

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LNSLNS Wäre das nicht eine schöne Weihnachtsgeschichte gewesen: Das Bundesschiedsamt beriet am 8. Dezember darüber, wie beim Einziehen der Praxisgebühr verfahren werden soll, und danach war die ganze Angelegenheit für die niedergelassenen Ärzte vom Tisch. Die Realität hat jedoch wenig Märchenhaftes an sich. Die Vertreter der Ärzte und Krankenkassen im Bundesschiedsamt waren nicht in Weihnachtsstimmung, und der nach intensiven Verhandlungen zustande gekommene Schiedsspruch wird die kassenärztliche Basis kaum in einen Freudentaumel versetzen. Immerhin – die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat sich mit ihrem Standpunkt durchgesetzt, dass das Inkassorisiko auf keinen Fall allein den Ärzten und Psychotherapeuten aufgebürdet werden darf. Säumige Zahler werden zunächst vom behandelnden Arzt angemahnt. Für diesen Vorgang werden ihm die Kosten erstattet. Zeigt die Mahnung keine Wirkung, übernehmen die Kassenärztlichen Vereinigungen das weitere Inkassoverfahren. Bleiben auch diese Maßnahmen ohne Erfolg, tragen die Krankenkassen das finanzielle Restrisiko.
Nicht durchsetzen konnten sich die Ärzte mit ihrer Forderung, für das Einziehen der Praxisgebühr eine generelle Bearbeitungsgebühr in Anspruch nehmen zu können. So zeigte sich der KBV-Vorsitzende Manfred Richter-Reichhelm auch nur teilweise zufrieden mit der Schiedsamt-Entscheidung. Erleichtert zeigte er sich darüber, dass
der einzelne Arzt von Inkasso- und Zwangsmaßnahmen verschont bleibt. Unausweichlich werden sich die Kassenärzte ab Januar 2004 mit der Praxisgebühr auseinander setzen müssen. Auch wenn sich die KBV noch rechtliche Maßnahmen bezüglich der verweigerten Bearbeitungsgebühr vorbehält – aufschiebende Wirkung hätte dies nicht. So können sich die Ärzte anhand fiktiver Fallbeispiele, die von der KBV im Internet präsentiert werden, schon einmal mit den paradoxen Auswüchsen einer Gesetzesregelung vertraut machen, die dazu geeignet ist, noch mehr Medizinern den Weg in den Arztberuf zu verleiden. Zur Übung eine Beispielsfrage: Warum muss ein Patient mit Neurose und Knieproblemen, wenn er zunächst den Orthopäden und dann den Psychotherapeuten aufsucht, zweimal die Praxisgebühr entrichten, im umgekehrten Fall aber nur einmal, und wie werden vagabundierende Quittungen vermieden? Thomas Gerst

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