ArchivDeutsches Ärzteblatt50/2003Psychiatrie: Bürokratisierung überwinden
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LNSLNS Die Ausgaben psychiatrischer Versorgung auf den Prüfstand zu stellen, war überfällig. Melchinger und den beteiligten Institutionen ist sehr zu danken. Leider geht die Studie nicht näher auf die psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) ein (§ 118 SGB V). Ihr Anteil an den Gesamtkosten ist mit 1,59 Prozent der GKV-Ausgaben klein. Dennoch tragen PIA, in Bayern flächendeckend ausgebaut, wirksam zu Bettenabbau und Verkürzung von Behandlungszeiten bei, weil Schwerkranken, die in der vertragsärztlichen Versorgung nicht oder nicht ausreichend aufgefangen werden, direkt geholfen wird, auch durch Vermeidung stationärer Aufnahmen bei Notfällen.
! Nach Erhebungen, die durch Melchingers Zahlen bestätigt werden, werden in PIA bundesweit hochgerechnet circa 175 000 Personen (mit circa 425 000 Fällen p. a.) behandelt.
! PIA stellen seit 1976 fachlich und organisatorisch ein exzellentes Modell integrierter Versorgung mit einer funktionalen Verbindung ambulanter und stationärer Behandlung dar, das sich bewährt und als unverzichtbare Säule der Behandlung Schwerkranker erwiesen hat, auch in den neuen Bundesländern. Der Zugang wird nicht über Diagnosen definiert, sondern über Art, Dauer und Schwere der Erkrankungen. Er ist qualitativ bedarfsgerecht.
! Der Rückzug von Vertragsärzten aus der psychiatrischen Versorgung verstärkt die Notwendigkeit, schwer psychisch Kranke gezielt in PIA aufzufangen und qualifizierte Nachsorge abzusichern. Diese Unterversorgung erhöht die Inanspruchnahme stationärer Behandlung. Da PIA nicht die gesamte Versorgung abdecken sollen und können, ist der Ausbau integrierter Versorgungsformen für psychisch Kranke auch im vertragsärztlichen Bereich voranzutreiben. Allerdings müssen Bürokratisierung und leistungsrechtliche Restriktionen, die sich zum Beispiel bei der ambulanten Soziotherapie zeigen, überwunden werden. Die weitere Entwicklung verlangt Schritte auf allen Ebenen, auch bei den limitierten Medikamentenausgaben, in den Wechselbeziehungen zum Heimbereich, zum Maßregelvollzug, bei rechtlichen Betreuungen usw. Ganz zu schweigen von den direkten und indirekten Kosten aufseiten der Betroffenen und ihrer Familien.
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. med. A. Spengler,
Niedersächsisches Landeskrankenhaus Wunstorf, Südstraße 25, 31515 Wunstorf

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