ArchivDeutsches Ärzteblatt22/2004Krankenhausmanagement: Professionelle Personalauswahl

VARIA: Wirtschaft

Krankenhausmanagement: Professionelle Personalauswahl

Wöhrmann, Silke; Geringhoff-Seckler, Jutta

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LNSLNS Nach Umstrukturierungen mussten am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf viele Führungspositionen neu besetzt werden. Die Personalabteilung entwickelte dafür ein interaktives Verfahren.

Krankenhäuser, die als staatliche oder kommunale Regiebetriebe oder Eigenbetriebe geführt werden, sind durch die politischen Ziele ihres Trägers dominiert und verfügen über eine geringe betriebliche Autonomie – selbst bei operativen Entscheidungen. Eine erfolgreiche Positionierung im Wettbewerb ist für diese Häuser schwieriger als für andere, weil sie oft nicht schnell genug auf neue Marktbedingungen reagieren können.
Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat sich aus diesen Strukturen gelöst und ist seit September 2001 eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Damit einher gingen Umstrukturierungen: Aus der Klinik- und Institutsstruktur mit 16 Kliniken und 15 Instituten entwickelte sich eine Zentrumsstruktur. Die Kliniken/Institute wurden den neu eingerichteten 14 Zentren zugeordnet und unter eine kollegiale Leitungsstruktur gestellt. Jedes Zentrum wird durch einen Ärztlichen Direktor, einen stellvertretenden Ärztlichen Direktor, eine Pflegeleitung und eine Kaufmännische Leitung geführt.
Der Bedarf an „frischen“ Führungskräften war enorm: Seit September 2002 wurden am UKE elf Kaufmännische Leitungen, acht Pflegerische Leitungen, vier Leitungen der neu gegründeten GmbHs sowie vier Leitungspositionen der Zentralen Dienste neu besetzt. Dies stellte das Personalmanagement und die Personalentwicklung vor erhebliche Herausforderungen.
Die Neubesetzung der Führungspositionen sollte im Rahmen eines systematischen Auswahlverfahrens erfolgen. Dieses sollte den klassischen Anforderungen an Validität, Objektivität und Reliabilität gerecht werden, nicht zu teuer sein und vor allem die für die Position besten Bewerber herausfiltern. Hierzu wurde ein interaktives Auswahlverfahren entwickelt: ein Einzel-Assessment-Center, das den Methoden-Mix eines strukturierten Interviews und eigens konzipierter Übungen mit dem Ziel einer hohen Validität kombiniert. Dabei waren je Bewerber nicht mehr als zwei Stunden für die Gesprächsführung erforderlich.
Transparentes Verfahren
Das UKE hat auf mehrtägige Assessment-Center (AC) verzichtet und sich für das interaktive Einzelverfahren entschieden – unter anderem, weil hoch qualifizierte, führungserfahrene Bewerber das Einzel-AC gegenüber dem Gruppen-AC bevorzugen. Zudem konnte so eine hohe Akzeptanz beim Ärztlichen Dienst gewährleistet werden, weil dieser an allen Entscheidungen involviert war. Ein weiterer Vorteil war die Transparenz: An der Durchführung der Verfahren waren stets Personalrat, Personalabteilung und leitende Vertreter der Klinik beteiligt. Dabei war das Auswahlverfahren relativ preisgünstig, weil es hausintern von der Personalabteilung entwickelt wurde. Auch konnten die Bausteine der Personalauswahl mit wenig Aufwand für die jeweils zu besetzende Position angepasst werden.
Die Interviewfragen waren eng auf die kommende Aufgabenstellung ausgerichtet. Der Redeanteil des Kandidaten betrug etwa 85 Prozent, wobei die Vorstellung des Lebenslaufes nur zehn bis 15 Minuten beanspruchte. Diese Zeit wurde genutzt, um die betrieblichen Kompetenzen durch individuell formulierte Fragen in Erfahrung zu bringen. Die Fragen wurden in Abstimmung mit den jeweiligen Fachvertretern erarbeitet und versprachen deshalb eine hohe Praxisrelevanz – dies hatte Auswirkungen auf die Akzeptanz bei allen Beteiligten. Eine Vorbereitung auf das Verfahren, zum Beispiel durch das Erlernen bestimmter Antworten allgemein bekannter Bewerbungsfragen, war nicht möglich.
Durch die Umstrukturierungen, die das UKE und andere Krankenhäuser von „verwalteten Pflegeeinrichtungen“ zu „wettbewerbsorientierten Dienstleistungsunternehmen“ führen, sind im Kliniksektor zunehmend Managementfähigkeiten gefragt. Diese Kompetenzfelder bildeten etwa 50 Prozent der zu bewertenden Ergebnisse ab. Soziale Kompetenz und Verhalten (Führungskompetenz, Personalentwicklungskompetenz, Wertschätzung und Einfühlungsvermögen sowie Integrität, Loyalität und Selbstreflexion) bildeten den anderen Teil des Verfahrens ab.
Um die soziale Kompetenz des Bewerbers besser beurteilen zu können, wurde das strukturierte Interview mit AC-Elementen zur Gesprächsführung und zur methodischen Aufbereitung von Ergebnissen angereichert. Eine schriftliche Aufgabenstellung sowie ein anschließendes Mitarbeitergespräch ergänzten das 90-minütige Gespräch. Das Anforderungsprofil wurde von zwei Beobachtern erstellt. Einer der Beobachter führte jeweils zur Hälfte des Verfahrens parallel das Interview. Eine professionelle Durchführung wurde gewährleistet, indem die Personalleitung und die Leitung der Personalentwickung mit entsprechendem Qualifizierungshintergrund verantwortlich die objektive Beobachtung übernahmen.
Gender Mainstreaming
Parallel standen den Beobachtern fachliche Berater zur Seite, die in einer anschließenden Gruppendiskussion Eindruck und Urteil den Beobachtern mitteilen konnten. Das Sammeln von Informationen wurde nach dieser Sequenz beendet. Das Erstellen eines endgültigen Anforderungsprofiles erfolgte ein bis zwei Tage nach dem Verfahren. Die Kandidaten erhielten zu ihren Ergebnissen ein persönliches Feedback.
Das Verfahren hat sich auch im Rahmen des Gender Mainstreamings bewährt und erhöht nachweislich die Chancengleichheit von Männern und Frauen: Sieben erfolgreiche Kandidatinnen und vier Kandidaten werden künftig die Kaufmännische Zentrumsleitung übernehmen und das UKE führen. Silke Wöhrmann
Jutta Geringhoff-Seckler

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