ArchivDeutsches Ärzteblatt24/2004SSRI meist ungeeignet zur Depressionsbehandlung bei Kindern

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SSRI meist ungeeignet zur Depressionsbehandlung bei Kindern

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LNSLNS Für die Behandlung einer Depression bei Kindern und Jugendlichen scheint aus der Gruppe der selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) lediglich Fluoxetin ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil zu besitzen, berichten Craig Whittington und Mitarbeiter vom Centre of Outcomes Research and Effectiveness, University College London. In der systematischen Übersichtsarbeit analysierten die Autoren publizierte wie auch nicht veröffentlichte Studien zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen von Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram und Venlafaxin.
In allen Untersuchungen wurden zu wenig Probanden eingeschlossen, um valide Aussagen hinsichtlich selten auftretender Nebenwirkungen wie versuchten oder erfolgten Suizid zu treffen. Allerdings stellten Whittington et al. fest, dass aufgrund der Analyse von publizierten und nicht verbreiteten Ergebnisse zu Paroxetin, Sertralin, Citalopram und Venlafaxin keine Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo nachgewiesen sei. Weiterhin haben die Londoner Forscher möglicherweise ein erhöhtes Selbstmordrisiko und andere schwere Nebenwirkungen dieser Substanzen festgestellt. Obwohl diese Effekte gering seien, können sie nicht ignoriert werden, heißt es in dem Artikel. Lediglich Fluoxetin habe zu einer klinisch bedeutenden Besserung und einer geringen Reduktion depressiver Symptome bei Kindern zwischen sieben und 18 Jahren geführt. Hierbei sei es nicht zu einem erhöhten Risiko schwerer Nebenwirkungen gekommen.
Whittington und Kollegen mahnen eine größere Kooperationsbereitschaft und Offenheit zwischen der pharmazeutischen Industrie und den Wissenschaftlern an, die Richtlinien entwickeln. Besonders solle den Letztgenannten dringend Zugang zu den vollständigen, nicht veröffentlichten Ergebnissen gewährt werden. In einem begleitenden Editorial wird in diesem Zusammenhang ein interner Bericht von GlaxoSmithKline erwähnt, in dem auf eine Studie mit Paroxetin bei Kindern Bezug genommen wird. In dem Schreiben heißt es: „Es wäre nicht akzeptabel, eine Erklärung hinzuzufügen, in der die Wirksamkeit nicht nachgewiesen wurde, weil dies das Profil von Paroxetin unterminieren würde“. me

Whittington, CJ, Kendall T, Fonagy P, Cottrell D, Cotgrove A, Boddington E: Selective serotonin reuptake inhibitors in childhood depression: systematic review of published versus unpublished data. Lancet 363: 1335, 1341–1345.

Dr. Craig Whittongton, Centre of Outcomes Research and Effectiveness, University College London, 1–19 Torrington Place, London WC1E 7HB, England

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