ArchivDÄ-TitelSupplement: PRAXiSSUPPLEMENT: PRAXiS 1/2004Qualitätsmanagement: QM-Systeme im Vergleich

SUPPLEMENT: PRAXiS

Qualitätsmanagement: QM-Systeme im Vergleich

Dtsch Arztebl 2004; 101(45): [28]

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LNSLNS Das GKV-Modernisierungsgesetz schreibt vor, dass auch die niedergelassenen Ärzte Qualitätsmanagement (QM) in ihren Praxen einführen müssen. Welche unter den zahlreichen QM-Modellen sind für den ambulanten Sektor geeignet?

In Teambesprechungen überprüft das Praxispersonal, wie weit die Qualitätsziele erreicht wurden. Foto: Aqua Institut
In Teambesprechungen überprüft das Praxispersonal, wie weit die Qualitätsziele erreicht wurden.
Foto: Aqua Institut
Seit dem 1. Januar 2004 sind auch Vertragsärzte verpflichtet, einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln. Was der Gesetzgeber genau unter „Qualitätsmanagement in der Arztpraxis“ versteht und welche Anforderungen an den Vertragsarzt gestellt werden, muss der Gemeinsame Bundesausschuss noch in einer Richtlinie festlegen. Fest steht allerdings, dass eine Praxiszertifizierung nicht verbindlich ist.
Allgemeines Ziel des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen ist es, die medizinische Versorgungsqualität zu gewährleisten und weiterzuentwickeln. Die Einführung eines QM-Systems führt zur Steigerung der Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie zu einer effizienten Gestaltung von Arbeitsabläufen, dadurch dass Fehler und damit verbundene Kosten vermieden werden. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von QM-Systemen zu sehr unterschiedlichen Preisen. Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben darauf hingewiesen, dass es ratsam ist, erst die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses abzuwarten, bevor sich der Arzt für ein – unter Umständen sehr kostspieliges – Qualitätsmanagementverfahren entscheidet. Dennoch ist es sinnvoll, sich durch Schulungen und andere Fortbildungsmedien der Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen vorab über das Thema zu informieren.
QEP – Qualität und Entwicklung in Praxen
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat ein Modell entwickelt, das speziell auf den niedergelassenen Sektor zugeschnitten ist. Inhaltlich ist das Verfahren in Bereiche unterteilt, die den Praxisbezug
verdeutlichen: Praxisführung und Qualitätsmanagement, Patientenversorgung, Informationen und Patientensicherheit, Mitarbeiter und Fortbildung sowie Rahmenbedingungen und Praxisorganisation. Das Verfahren wird in drei Schritten angewandt: In einer Befähigungsphase werden aus einem Qualitätszielkatalog Ziele ausgesucht und das Praxisteam entsprechend geschult. In der Umsetzungsphase erfolgt die Einführung in der eigenen Praxis. In der dritten Phase findet – soweit gewünscht – eine Bewertung statt. Dabei soll das Praxisteam zunächst selbst überprüfen, wie weit die Qualitätsziele erreicht wurden. Eine externe Bewertung durch eine Zertifizierungsstelle kann sich anschließen, denn QEP ist zertifizierungsfähig. Die schrittweise Umsetzung des Qualitätsmanagementsystems ermöglicht es Praxen, ihren Vorkenntnissen entsprechend an unterschiedlichen Stellen des Verfahrens einzusteigen.
qu.no – QM-System der KV Nordrhein
qu.no bietet einen guten Einstieg in das Thema. Inhalt des Modells sind vertragsarzt- und vertragspsychotherapeutische QM-Elemente unter Einbeziehung der von der KBV entwickelten Qualitätsziele, die in einem QEP-Qualitätszielkatalog aufgelistet sind. Mindestens zehn Praxisprozesse mit Bezug zu den drei Kernbereichen „Patienten“, „Mitarbeiter“ und „Administration“ sind aus dem QEP-Katalog auszuwählen und qualitätsmanagementgerecht aufzubereiten. Die Qualitätsziele soll der Anwender – individuell abgestimmt auf die jeweilige Praxis – aus dem QEP-Qualitätszielkatalog entnehmen. Das ermöglicht dem Praxisinhaber, aus dem Qualitätsmanagement einen maximalen Nutzen für die eigene Praxis zu ziehen. Die Darstellungsart der Prozesse im QM-Handbuch ist freigestellt. qu.no ist allein zertifizierungsfähig und damit ein qualifizierter Nachweis eines praktizierten QM-Systems. Gleichzeitig dient es als Grundlage für eine eventuell angestrebte weiterführende Zertifizierung nach umfangreicheren QM-Systemen wie QEP. Schulungen werden nach dem Tutorenprinzip (durch unterweisende Vertragsärzte) von Ärzten mit aktiven Arzthelferinnen aus der eigenen Praxis für andere Ärzte und deren Mitarbeiterinnen ab Januar 2005 angeboten. qu.no kostet pro Seminar 650 Euro.
KPQM – KV Praxis Qualitätsmanagement
Das QM-Modell der KV Westfalen-Lippe (KVWL), das diese mit der Prinarum GmbH entwickelt hat, ist ebenso wie qu.no ein modulares, weiterentwicklungsfähiges Qualitätsmanagementsystem für die Vertragsarztpraxis, das von Ärzten für Ärzte konzipiert wurde. Im Vordergrund steht die schnelle und pragmatische Umsetzbarkeit in der vertragsärztlichen Praxis. Spezifisch ist die Kombination von Konzeptionen des umfassenden Qualitätsmanagements mit bereits vorhandenen Elementen der Struktur-/Prozess- und Ergebnisqualitätssicherung im vertragsärztlichen Bereich. Es handelt sich ebenfalls um ein Einstiegsmodell, das in Form der Tutorenschulung seit vielen Monaten erfolgreich im Bereich der KVWL angewandt wird. Zehn vom Vertragsarzt frei wählbare Prozesse werden in Flussdiagrammen dargestellt und in einem QM-Handbuch aufgeführt. Das Modell ist für sich allein zertifizierungsfähig. Der Preis je Seminar liegt bei 650 Euro.
EFQM-Excellence-Modell
Die European Foundation for Quality Management ist ein Zusammenschluss namhafter europäischer Unternehmen, die einen Branchen übergreifenden Vergleich ihrer Unternehmen anhand von neun Kriterien mit dem Ziel durchführen, die Besten zu identifizieren und sich mit diesen zu messen (Benchmarking). Durch den Selbstbewertungsprozess sollen die Stärken und Verbesserungspotenziale eines Unternehmens verdeutlicht werden. Nach dem Beurteilungsprozess sollen Verbesserungspläne realisiert und deren Fortschritte überwacht werden. Um eine nachhaltige Verbesserung zu erzielen, wird eine regelmäßige Beurteilung einer Maßnahme nach ihrer Durchführung empfohlen. Das EFQM-Excellence-Modell bietet keine Zertifizierungsmöglichkeit, sondern eröffnet als Wettbewerbsmodell die Bewerbung um einen Qualitätspreis, den European Quality Award beziehungsweise den Ludwig-Erhard-Preis auf nationaler Ebene.
DIN EN ISO 9001:2000
Die Internationale Organisation für Normung (ISO) ist eine weltweite Vereinigung nationaler Normungsinstitute (ISO-Mitgliedkörperschaften). Die Abkürzungen in der Bezeichnung stehen für Deutsches Institut für Normung (DIN), Europäische Norm (EN) und International Standards Organization (ISO); sie bedeuten, dass die Norm in Deutschland, Europa und weltweit in identischer Form gültig ist. Die Qualitätsmanagement-Normen der Reihe DIN EN ISO 9000 sind 1987 eingeführt worden und branchenunabhängig sowohl in der Industrie als auch in der Medizin verwendbar. Kernelement ist die Prozessorientierung mit dem Ziel, Kundenzufriedenheit durch Erfüllung der Kundenanforderungen zu erreichen. Die DIN-EN-ISO-Normenreihe gibt eine feste Struktur für das QM-System vor und zielt auf einen Konformitätsnachweis ab. Die vorgegebenen Anforderungen müssen mit dem tatsächlichen Vorgehen übereinstimmen, und das Ergebnis muss nachgewiesen werden. Die systematische Planung, Umsetzung und kontinuierliche Verbesserung werden in einem QM-Handbuch dargelegt und in regelmäßigen Abständen von einer berechtigten externen Zertifizierungsstelle überprüft (Audit).
KTQ® im ambulanten Sektor
Das KTQ(Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus)-System wurde von der Bundesärztekammer zusammen mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK), der deutschen Krankenhausgesellschaft und dem deutschen Pflegerat ursprünglich für das Krankenhaus entwickelt. In einer Anpassung für die ambulante Praxis sind 64 Qualitätsziele beschrieben, teilweise als Checkliste, teilweise als Prozessbeschreibung. Die vorliegenden Listen sind abschließend. 60 Prozent der Ziele müssen in einem Qualitätsbericht veröffentlicht sein, damit die Voraussetzungen für eine Zertifizierung erfüllt sind. Die teilnehmenden Ärzte müssen in einer Phase der „Selbstbewertung“ die Prozesse in der eigenen Praxis selbstkritisch betrachten. Dabei werden in den Kategorien Patientenorientierung, Führung der Praxis, Mitarbeiterorientierung, Sicherheit in der Praxis, Informationswesen und Aufbau des Qualitätsmanagements in der Arztpraxis mehr als 252 Fragen detailliert analysiert und bewertet. Eine Fremdbewertung durch speziell geschulte, aktiv in der Praxis tätige Visitatoren ist nicht zwingend erforderlich, es sei denn, der Arzt strebt den Erhalt eines KTQ®-Zertifikats an.
Silke Schlick,
E-Mail: silke.schlick@kvno.de

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