ArchivDeutsches Ärzteblatt PP3/2005Präventionsgesetz: Korrekturen gefordert

EDITORIAL

Präventionsgesetz: Korrekturen gefordert

Bühring, Petra

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LNSLNS Das geplante Präventionsgesetz, von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt – am 18. Februar in erster Lesung in den Bundestag eingebracht – stößt auf viel Kritik. Mindestens 250 Millionen Euro sollen jährlich für präventive Maßnahmen verwendet werden: 100 Millionen für die so genannte primäre Prävention, das heißt Kursangebote zu Ernährung und Bewegung sowie betriebliche Gesundheitsförderung; 100 Millionen für präventive Maßnahmen in Schulen, Kindergärten, Sportvereinen oder Senioreneinrichtungen; 50 Millionen sollen in die Bundesstiftung Prävention fließen (siehe Artikel auf Seite 105).
Die gesetzlichen Krankenkassen kritisieren die Finanzierung des Gesetzentwurfs, die ausschließlich der Sozialversicherung und damit den Beitragszahlern aufgebürdet werde. Die CDU hält es für bedenklich, dass Aussagen zur finanziellen Beteiligung von Bund und Ländern fehlen. Die Bundesärztekammer sieht den ärztlichen Sachverstand nicht ausreichend berücksichtigt.
Auch der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Detlef Kommer, kritisiert den Gesetzentwurf zu Recht: Statt mehr Qualität schaffe das Gesetz mehr Gremien. Statt Menschen zu befähigen, ihr Verhalten zu ändern, fördere es wirkungslose Wissensvermittlung. „Die Medizin- und Bürokratielastigkeit des Gesetzes sollte korrigiert werden“, fordert er. Der Entwurf beziehe Prävention einseitig auf die physische Gesundheit und vernachlässige die wechselseitigen Beziehungen zwischen psychischer und physischer Gesundheit. Zudem werde das Potenzial einer modernen Prävention für Kinder und Jugendliche vernachlässigt, so Kommer. Schon Kinder bewegten sich in einem „Teufelskreis von familiärer Sprachlosigkeit, Medienkonsum, falscher Ernährung und Bewegungsmangel, dem sie als Erwachsene kaum entrinnen“. Entscheidend für erfolgreiche Interventionen bei solchen gestörten psychosozialen Netzen sei es, dass psychologische Konzepte eingesetzt werden, die das Verhalten der Betroffenen im Alltag korrigieren und nicht „wirkungsloses Wissen“ vermittelten. Gesundheitskampagnen, die auf Wissen und Aufklärung setzen, seien dringend evaluationsbedürftig.
Der BPtK-Präsident befürchtet weiter, dass Prävention für Heranwachsende künftig kaum noch über Steuern, sondern nur noch aus der Sozialversicherung finanziert werde. Aufgrund der Finanznöte der Länder würden bisher eingesetzte Gelder der Jugendhilfe vermutlich eingespart und die Träger von Kindergärten oder Schulen bei Anträgen an die neuen geplanten Gremien verwiesen, die die Präventionsgelder verwalteten.
Psychologisch-psychotherapeutischen Sachverstand in den verschiedenen Entscheidungsgremien miteinzubeziehen sollte in einer Zeit zunehmender psychischer Erkrankungen selbstverständlich sein. Die Gesundheitsminister der Europäischen Union erklärten im Januar dieses Jahres „psychische Gesundheit“ zu einem vorrangigen Präventionsziel. Unverständlich ist es daher, dass die Bundespsychotherapeutenkammer bisher nicht im Kuratorium der geplanten Bundesstiftung Prävention vertreten ist. Petra Bühring

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