ArchivDeutsches Ärzteblatt14/2005Johannes Paul II. – Nehmt wahr Eure Würde

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Johannes Paul II. – Nehmt wahr Eure Würde

Jachertz, Norbert

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LNSLNS Der verstorbene Papst hat ein öffentliches Leben geführt – bis zur letzten Konsequenz. Die Leiden der letzten Jahre hat er nicht verborgen, sondern sich dem Fernsehen und damit den Augen aller genauso ausgesetzt wie bei seinen großen Auftritten in gesunden Tagen.
Wir alle haben miterlebt, wie das Gesicht gedunsener wurde, die Sprache verwaschen bis zur Unverständlichkeit, die Haltung verfiel, das Zittern nicht mehr beherrschbar war, die Stimme brach, der Kampf mit dem versagenden Körper verloren ging.
Gebietet nicht die Menschenwürde, den Menschen in seinem Verfall vor neugierigen Augen zu verbergen?
Johannes Paul II. hat zeitlebens die Botschaft von der Würde des Menschen verkündet, sei es gelegen oder ungelegen. Der Gedanke zieht sich als Leitfaden durch seine vielen Ansprachen und Verlautbarungen. Die Botschaft ist einfach; der damals noch neue Papst hat sie bei seinem ersten Deutschlandbesuch 1980 gegenüber den Spitzen von Staat und Gesellschaft in zwei Sätzen zusammengefasst: „Die Kirche bekennt sich zur Gottesebenbildlichkeit des Menschen und damit zu seiner unantastbaren Würde. In ihr gründen letztlich seine unveräußerlichen Grundrechte wie auch die Grundwerte für ein menschenwürdiges gesellschaftliches Zusammenleben.“
So einfach die Botschaft, so verzwickt und oft unwillkommen die Auswirkungen: Menschenwürde gilt für das gesamte Leben, von Anfang an bis zu seinem Ende. Daher die Ablehnung von Abtreibung, von verbrauchender Embryonenforschung, von Euthanasie. Unterdrückung verstößt gegen die Menschenwürde. Aus der Menschenwürde resultieren das Recht auf Arbeit und die Verpflichtung des Kapitals, Arbeitsplätze zu schaffen.
Und Menschenwürde kommt Behinderten, Leidenden, Gebrechlichen genauso zu wie Jungen und Gesunden. Nehmt an Eure Bürde, aber nehmt auch wahr Eure Würde, denn Ihr seid Ebenbilder Gottes, so die von dem verstorbenen Papst unverdrossen verkündete frohe Botschaft. Johannes Paul II. hat sie medial geschickt umgesetzt und sich selbst zum Beispiel genommen. Nicht einmal der Tod blieb tabu. Die Nachrichten aus dem Sterbezimmer, wie friedlich der Papst seinem Ende entgegensehe, wurden im Stundentakt weltweit verbreitet. Denn auch das sollte alle Welt wissen: „Der Tod ist ein Trost“.
Diesen festen Glauben hatte Johannes Paul II. immer schon Kranken und Sterbenden vermittelt. Am Ende hat er ihn vorgelebt. Norbert Jachertz

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