POLITIK
Arzneimittelausgaben: Einsparungen schrumpfen


Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Quartal 2005 rund 5,3 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben. Das sind 900 Millionen Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Diese Zahlen hat die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände am 26. April in Berlin vorgelegt. Doch ABDA-Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales, Dr. Frank Diener, sieht darin keinen Grund zur Besorgnis. „Das erste Quartal 2004 taugt wegen der massiven Vorzieheffekte nur sehr bedingt als Vergleichsmaßstab“, erklärte er. Wegen erhöhter Zuzahlungen und der geplanten Praxisgebühr von zehn Euro hatten sich viele gesetzlich Versicherte noch vor In-Kraft-Treten der Gesundheitsreform Ende 2003 benötigte Medikamente verschreiben lassen. Dagegen lägen die Ausgaben im 1. Quartal 2005 fast punktgenau auf den Quartalswerten der „Vor-GMG-Jahre“ 2003 und 2002. Dazu Diener: „Ausgaben wie vor drei Jahren sind keine schlechte Botschaft. Wir wären alle froh, wenn man das für die Spritkosten, Heizkostenabrechnungen oder ganz generell die Lebenshaltung melden könnte.“
Im vergangenen Jahr haben die Reformmaßnahmen – erhöhte Zuzahlungen, Ausschluss rezeptfreier Präparate aus der Erstattungspflicht der Krankenkassen, erhöhter Herstellerrabatt zugunsten der Kassen sowie die Änderung der Arzneimittelpreisverordnung – sogar dazu geführt, dass das angestrebte Einsparziel übertroffen wurde. Der ABDA zufolge sparten die Kassen statt der geplanten 3,8 Milliarden Euro 4,2 Milliarden. Doch: „Nicht alles von der Bruttoentlastung ist als Nettoeffekt angekommen“, erklärte Diener. Der Gesetzgeber habe in seinem Finanztableau für die Jahre 2004 bis 2007 keinen einzigen Cent für die Teilhabe am pharmazeutischen Fortschritt – die so genannte Strukturkomponente – berücksichtigt. Aufgrund von Arzneimittelinnovationen, neuen Anwendungsmöglichkeiten oder Veränderungen der Morbidität habe sich im Jahr 2004 gegenüber 2002 ein Struktureffekt von 2,2 Milliarden Euro ergeben, sodass die GKV-Arzneimittelausgaben 2004 lediglich um zwei Milliarden Euro unter denen des vom Gesetzgeber gewählten Vergleichsjahres 2002 lagen. Von daher, so Diener, sei es wenig überraschend, dass der Nettoeinspareffekt der Gesundheitsreform von Jahr zu Jahr schrumpfe. In diesem Jahr werden nach der ABDA-Prognose mit 3,3 Milliarden Euro 500 Millionen weniger eingespart als geplant. Therapieanpassungen führten allerdings auch in diesem Jahr dazu, dass netto lediglich 100 Millionen Euro weniger für Arzneimittel ausgegeben werden als 2002. Inwieweit Rabattverhandlungen der Krankenkassen mit Pharmafirmen zu einer Stabilisierung der Arzneimittelausgaben beitragen werden, ist noch ungewiss. Bislang wurden noch keine Vereinbarungen getroffen.
Erweiterte Freiräume
Optimismus nach gut einem Jahr Gesundheitsreform verbreitete ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf: „Die neuen Regelungen erweitern unsere Freiräume als Frei- und Heilberufler.“ Erstmals sind die Apotheker mit dem Hausarzt-Hausapotheker-Modell der Barmer Vertragspartner im Rahmen der Integrierten Versorgung. Glaubt man den Beteiligten, ist das Projekt ein voller Erfolg. Knapp 16 000 Apotheken, 31 000 Hausärzte und 730 000 Barmer-Versicherte nehmen Wolf zufolge teil. Neben einer ausführlichen und individuellen pharmazeutischen Betreuung der Versicherten böten Apotheker eine neue Kommunikationsschnittstelle zu den Hausärzten und hätten somit einen großen Anteil am Gelingen der Integrierten Versorgung. „Mit anderen Krankenkassen verhandelt der Deutsche Apothekerverband bereits ähnliche Verträge“, kündigte Wolf an. Im ersten Reformjahr hätten die Kostendämpfungsmaßnahmen gewirkt. „Der Erfolg der Gesundheitsreform in diesem Jahr wird davon abhängen, wie gut die strukturellen Maßnahmen greifen“, bilanzierte der ABDA-Präsident. Heike Korzilius