

Die vielen Veränderungen, die die Ostdeutschen nach der Wende bewältigen mussten, galten lange als krank machende Belastungsfaktoren. Eine repräsentative Erhebung der psychischen Gesundheit der Bundesbürger in Ost und West zeigt jedoch, dass die meisten Ostdeutschen seelisch robuster sind als erwartet. Drei Psychologen der Technischen Universität Dresden verglichen die Daten von 4 181 Deutschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Dabei zeigte sich, dass in Westdeutschland Alkoholabhängigkeit, Depressionen, soziale Phobie und somatoforme Störungen häufiger vorkommen als in Ostdeutschland. Tendenziell häufiger sind im Westen außerdem Drogenabhängigkeit, psychotische und bipolare Störungen sowie Ängste. In den neuen Bundesländern ist hingegen die allgemeine Lebenszufriedenheit tendenziell schlechter, insbesondere in den Bereichen Arbeitssituation, Wohnung und finanzielle Lage. Keine Unterschiede fanden sich bei der Zufriedenheit mit Gesundheit, familiärer Situation und sozialen Beziehungen. „Diese Ergebnisse widersprechen der Annahme, dass die ökonomisch besseren Bedingungen im Westen einen Schutzfaktor gegen psychische Störungen darstellen“, sagen die Forscher. Sie erklären sich die bessere seelische Gesundheit der Ostdeutschen damit, dass in den neuen Bundesländern die soziale Unterstützung nach wie vor eine große Rolle spielt, Konkurrenz und Neid hingegen weniger ausgeprägt seien als in den alten Bundesländern. ms
Jacobi F, Hoyer J, Wittchen HU: Seelische Gesundheit in Ost und West: Analysen auf der Grundlage des Bundesgesundheitssurveys. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 2004; 4: 251–260.
Dr. Frank Jacobi, Technische Universität Dresden, Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Chemnitzer Straße 46, 01187 Dresden, E-Mail: jacobi@psychologie. tu-dresden.de