ArchivDeutsches Ärzteblatt PP5/2005Neurologie: Spielsüchtige benötigen starke Reize

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Neurologie: Spielsüchtige benötigen starke Reize

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LNSLNS Weltweit sind 1,6 Prozent Menschen von Spielsucht betroffen. Pathologisches Glücksspiel stellt ein großes gesellschaftliches Problem dar. Die Erkrankung führt unter anderem zu Verarmung, Beschaffungskriminalität und sozialer Isolation. „In Analogie zur
Drogensucht wurde angenommen, dass auch Spielsucht auf einer krankhaften Veränderung und geringeren Empfindlichkeit des Belohnungssystems im Gehirn beruht“, sagen Dr. Christian Büchel et al., Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf, denen es jetzt erstmals gelungen ist, eine solche Veränderung nachzuweisen. Mit funktioneller Kernspintomographie beobachteten sie die Hirnaktivitäten von zwölf spielsüchtigen Probanden, die in ein Glücksspiel involviert waren, in dem es nur um kleine Beträge ging. Dieselbe Aufgabe wurde mit Kontrollpersonen durchgeführt. Die Forscher beobachteten, dass bei jedem Gewinn unter anderem der Nucleus accumbens aktiv wurde, ein Teil des Belohnungssystems im Gehirn. Diese Reaktion fiel bei den spielsüchtigen Teilnehmern deutlich schwächer als bei den Kontrollpersonen aus. Umso stärker die Spielsüchtigen betroffen waren, desto weniger Aktivität zeigte sich in dieser Hirnregion. Ein ähnlicher Effekt war im präfrontalen Kortex festzustellen.
Diese Befunde stützen die Annahme, dass Spielsucht eine zu geringe Aktivierbarkeit des Belohnungssystems durch alltägliche Belohnungssituationen zugrunde liegt. Spielsüchtige sind daher auf stärkere Reize angewiesen, um das Belohnungssystem anzuregen und Wohlgefühle, Glückszustände und Befriedigung auszulösen. ms

Reuter J, Raedler T, Rose M, Hand I, Gläscher J, Büchel C: Pathological gambling is linked to reduced activation of the mesolimbic reward system. Nature Neuroscience, Online-Veröffentlichung vom 9. 1. 2005.

Dr. Christian Büchel, NeuroImage Nord, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52, 20246 Hamburg, E-Mail: buechel@uke.uni-hamburg.de

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