ArchivDeutsches Ärzteblatt50/2005Bundesgesundheitsministerium: Grenzen austesten

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Bundesgesundheitsministerium: Grenzen austesten

Rabbata, Samir

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LNSLNS Jeden zweiten Dienstag morgens um acht duftet es in den Büros der beiden Fraktionschefs von Union und SPD Volker Kauder und Peter Struck nach Kaffee und frischen Brötchen. Im wöchentlichen Wechsel treffen sich bei ihnen die Fraktionsspitzen von Union und SPD zu einem Koalitionsfrühstück. In entspannter Atmosphäre wollen sie Konflikte zwischen den Parteien besprechen und frühzeitig beilegen.
Doch derzeit wird die vorweihnachtliche Harmonie am Frühstückstisch von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt gestört. Die resolute Rheinländerin lässt anscheinend nichts unversucht, gleich zum Start der neuen Bundesregierung ihre Möglichkeiten und Grenzen auszutesten. Zugute kommt ihr dabei, dass die gesundheitspolitischen Passagen des Koalitionsvertrages nur unscharf formuliert sind. Denn unkonkrete Vereinbarungen nutzen dem, der sie wegen der Ressortzuständigkeit mit Inhalten füllen kann. Mit ihrem Ministerium verfügt Schmidt hierfür über einen schlagkräftigen und seit Jahren eingespielten Apparat, dem die Union schon aus personellen Gründen kaum etwas entgegensetzen kann.
Zoff zwischen den Koalitionären ist damit programmiert. Denn während der Start der neuen Bundesregierung im Allgemeinen recht reibungslos verlief, gab es in der Gesundheitspolitik immer wieder Streit. Erst brüskierte Schmidt die Union mit ihrer Forderung, medizinische Leistungen für Privatpatienten und gesetzlich Versicherte gleich honorieren zu wollen, dann überging sie die Union mit einem unabgestimmten Entwurf für das Arzneimittelsparpaket. Die Sprecherin der Unionsarbeitsgruppe Gesundheit, Annette Widmann-Mauz, forderte deshalb, Ministerin Schmidt von den geplanten „Chefgesprächen“ über die angestrebte Gesundheitsreform auszuschließen.
So realitätsfern diese Forderung ist, offenbart sie doch das Misstrauen der Union gegenüber Schmidt. Sollen die anstehenden Gespräche zur Gesundheitsreform erfolgreich verlaufen, muss sich die Ministerin deshalb um ein besseres Klima in der Koalition bemühen. Hilfreich wäre es, den Dialog mit dem Koalitionspartner zu suchen und ihn frühzeitig in Entscheidungen einzubinden. Gelegenheiten hierfür gibt es: zum Beispiel dienstags um acht, beim Koalitionsfrühstück im Büro ihres Fraktionschefs. Samir Rabbata

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