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Johannes Rau und die Ärzteschaft: Gespür für Menschen


Die Stimme Raus wird fehlen. Werden seine Einsichten, dass Medizin nicht nur Wissenschaft, sondern auch „Heil-Kunst“ ist, dass viele Patienten bei ihrem Arzt nicht nur medizinische Hilfe, sondern auch Zuwendung suchen, künftig ausreichend Beachtung finden? Es geht nicht um ein altmodisch-verklärtes Arztbild, vielmehr um konkrete Anforderungen: Rau wusste, dass Ärzte neben fachlichem Können etwas benötigen, über das er selbst in ungewöhnlichem Maß verfügte: Gespür für Menschen. Ärzte müssen aber auch die Bedingungen vorfinden, um mehr sein zu können als Medizintechniker. Rau hat stets davor gewarnt, das ganze Leben in Begriffe der Betriebswirtschaft zu pressen. „Gesundheit ist ein hohes Gut, aber sie ist keine Ware. Ärzte sind keine Anbieter, und Patienten sind keine Kunden, zumindest nicht in erster Linie.“ Dabei ließ Rau den ökonomischen Druck nicht außer Acht. Dass Krankheiten nicht planbar seien, bedeute nicht, dass den Arzt keine Verantwortung treffe, wenn die verfügbaren Mittel erschöpft seien. Vielmehr sei das Geld so einzusetzen, dass es den größten Nutzen für die Gesundheit der Menschen bringe. Ein guter Maßstab, an dem sich Reformgesetze messen lassen müssen. Dabei würde Rau den ökonomischen Begriff „Nutzen“ weit fassen: „Ich wünsche mir, dass ein humaner Umgang mit Krankheit das unverwechselbare Merkmal unseres Gesundheitswesens bleibt.“ Heinz Stüwe
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