ArchivDeutsches Ärzteblatt8/2006Vogelgrippe: Aus Fehlern lernen
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS Angesichts der in Mecklenburg-Vorpommern nur sehr schleppend angelaufenen Schutzmaßnahmen gegen ein Ausbreiten der Vogelgrippe werden die Rufe nach größeren Kompentenzen des Bundes bei Seuchenbekämpfung und Katastrophenschutz lauter. Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) kündigte bereits an, er wolle nach Bewältigung der aktuellen Vogelgrippe-Krise mit den Ländern über mehr Bundeskompetenzen reden. Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sowie Bärbel Höhn (Bündnis90/Die Grünen), Vorsitzende des Bundestags-Verbraucherausschusses, kritisierten die langsam arbeitenden föderalen Strukturen.
Zwar ist Panik unangebracht, da es sich bei der Vogelgrippe noch immer um eine Tierseuche handelt, durch die in Deutschland bislang keine Menschen zu Schaden gekommen sind. Dennoch sollten die offenbar werdenden Defizite bei der Vorbereitung auf den Ernstfall nicht unterschätzt werden. Viel zu wenig Personal stand zum Einsammeln der verendeten Höckerschwäne mit akutem Verdacht auf eine Infektion mit H5N1 auf der Insel Rügen zur Verfügung. Journalisten und Schaulustige konnten sich den Tierkadavern für Stunden nähern, ohne dass eine Sperrzone sie hinderte.
Inzwischen hat die Vogelgrippe das Festland erreicht: Das Referenzlabor auf der Insel Riems wies das Virus bei in Ost- und Nordvorpommern gefundenen Wildvögeln nach. Mit einem weiteren Ausbreiten der Tierseuche ist zu rechnen. Damit ändert sich das Infektionsrisiko für den Menschen jedoch nicht. Das Robert Koch-Institut warnt allerdings vor Kontakt mit toten Wildvögeln und empfiehlt im Verdachtsfall eine frühzeitige virologische Diagnostik (Medizinreport in diesem Heft).
Für die Bundesländer sollten die Vorfälle auf Rügen Anlass sein, ihre Alarmpläne und vor allem deren praktische Umsetzung zu überdenken. Die Katastrophenpläne der Länder geben zwar alle das Verhalten im Ernstfall genau vor – doch zunächst nur auf dem Papier. Fatal wäre es, wenn erst die Infektionsbekämpfung an einem Kompetenzwirrwarr der Behörden im Krisenfall scheitern müsste, um eine geeignete Vorbereitung und einheitliche Standards im Seuchenschutz zu gewährleisten. Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

Kommentare

Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote