VARIA: Post scriptum

Bum, bum, bum, matt

Pfleger, Helmut

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Manchmal fragte ich mich, was der wahrlich nicht auf den Kopf gefallene Kabarettist Werner Schneyder, der mehrfach Gast bei meinen Schachsendungen war, eigentlich am Boxen findet. Dann verfolgten jedoch die Klitschko-Brüder bei den Dortmunder Schachtagen stundenlang die Partien und traten gegen die deutsche U-20-Weltmeisterin Elisabeth Pähtz an, und schließlich bestürzte der britische Schwergewichtsweltmeister Lennox Lewis seine Betreuer, als er von ihnen verlangte, sie sollen die Schachregeln lernen. Dabei war es schon schlimm genug, dass er selber sich allzu gern beim Schachspielen verlor, sodass sein Trainer am Vorabend seines WM-Kampfs gegen Hasim Rahman keinen anderen Ausweg sah, als Lewis’ Schachspiel zu verstecken: „Da sitzt er und denkt zehn Minuten, bevor er einen Zug macht – und so macht er’s dann auch im Ring!“ Die Vorsichtsmaßnahme zahlte sich aus, von keines (Schach-)Gedankens Blässe angekränkelt, verteidigte Lewis seinen WM-Titel.
Da gerät der Chronist mit all seinen (Vor-)Urteilen übers Boxen schon mal ins Nachdenken und überlegt, ob es nicht auch Gemeinsamkeiten zwischen dem Denk- und dem Hau-drauf-Sport gäbe – dem archaischen Kampf, der einmal mit den Fäusten, einmal mit den grauen Zellen ausgetragen wird.
Nun hatte ein Holländer namens Rubingh die Idee, die beiden scheinbar so antagonistischen Wettstreite zusammenzuführen, zum Schach-Boxen – inzwischen wurden sogar schon eine Europa- und eine Weltmeisterschaft ausgetragen. Dabei geht ein Schachboxkampf über elf Runden, und zwar abwechselnd zwischen beiden Disziplinen. Auf eine vierminütige Runde Blitzschach folgen, nach einer Umziehpause von 60 Sekunden, zwei Minuten Boxen. Danach geht’s wieder zurück ans Schachbrett und so weiter – bis einer der Kontrahenten entweder k.o. oder schachmatt ist.
Und falls einer die matschige Birne fürchtet? „Ganz falsch“, sagt Rubingh, „die Denkfähigkeit leidet nicht, vielmehr verbessert die körperliche Fitness die Blutversorgung des Gehirns. Den Wattekopf hat man erst am nächsten Tag.“
Aber nun Schach pur. Sehen Sie, wie Dr. med. Friedhelm Bous als Weißer am Zug beim letzten Ärzteturnier (noch ohne vorherigen Boxkampf!) den schwarzen König von Dr. med. Lutz Schäfer in spätestens vier Zügen ausknockte, nachdem er sich vorher mit einem Springeropfer – und nicht einer rechten Geraden – die h-Linie freigeboxt hatte?

Lösung:
Nach 1. Th8+ Kf7 2. Dh5+ Ke7 (das sinnlose Turmopfer 2. . . .Tg6 3. Dxg6+ verlängert das Leiden um einen Zug) 3. De8 lag der schwarze König platt und matt im Ring.

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