

Bei den ärztlichen Protesten besteht zumindest die Chance, dass es anders ausgeht. Denn die Bevölkerung steht ganz überwiegend hinter den Ärzten. Das spiegelt auch die positive Kommentierung in den Medien wider. Stießen Ärztinnen und Ärzte in der Öffentlichkeit auf Unverständnis, hätte die Politik ganz anders reagiert.
Zwar hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt versucht, die ärztlichen Forderungen durch ihre eigene Milliarden-Gegenrechnung angeblicher Mehrkosten zu diskreditieren. In der Öffentlichkeit verfangen hat das kaum – aus einem einfachen Grund: Ärztinnen und Ärzte sind in ihrem Ärger authentisch und glaubwürdig. Die Patienten spüren sehr wohl, dass es nicht um Geldschneiderei auf Kosten der restlichen Gesellschaft geht, sondern um die Bedingungen, unter denen tagtäglich Patienten behandelt werden müssen.
Politiker tun gern so, als sei durch ein Drehen an ein paar Stellschrauben alles wieder ins Lot zu bringen. Patienten und Ärzte dagegen eint das Unbehagen über die Grundrichtung der Entwicklung. Sie wissen, dass die Ankündigung einer neuen Gebührenordnung hier, aber die Verordnung weiterer Kontrollen und Strafandrohungen dort, nicht die Wende zum Besseren bringen wird. Sie haben eine gemeinsame Erfahrung gemacht: Im Bestreben, das Gesundheitssystem bezahlbar zu halten und gerechter zu machen, wurden verbliebene Freiheitsgrade für Ärzte und Patienten wegreguliert. Deshalb stellen die protestierenden Ärzte die Systemfrage. Auch die Bevölkerung fragt sich, ob nicht im Grundsatz etwas falsch läuft, wenn Prämien dafür ausgelobt werden, dass Ärzte ihre Patienten kurz halten. Die Antwort kennen alle. Heinz Stüwe