ArchivDeutsches Ärzteblatt13/2006Sildenafil bei Lungenhochdruck: Pulmonale Selektivität führt zu neuer Indikation

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Sildenafil bei Lungenhochdruck: Pulmonale Selektivität führt zu neuer Indikation

Leinmüller, Renate

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LNSLNS Als erstes orales Arzneimittel zur Therapie von Erektionsproblemen hat sich Sildenafil schnell einen Namen gemacht. Mit der Zulassung für bestimmte Formen der pulmonalen arteriellen Hypertonie zeichnet sich nun für eine wesentlich kleinere Patientengruppe mit massiv eingeschränkter Lebenserwartung eine neue Option ab, um die Progression der schweren Lungenerkrankung zu verlangsamen.
Vor der Einführung effektiver Therapieformen – inhalative Prostanoide – hätten unbehandelte Patienten lediglich 2,8 Jahre überlebt, erläuterte Prof. Friedrich Grimminger (Gießen) in Frankfurt/ Main. Um das rasche Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern, ist es wichtig, die Durchblutung speziell in Arealen guter Belüftung zu verbessern. Dies gelingt mit Sildenafil, das nicht nur eine pulmonale, sondern auch intrapulmonale Selektivität aufweist, wie Hossein-Ardeschir Ghofani (Gießen) darlegte:
Sildenafil hemmt als Phosphodiesterase-5(PDE-5)-Inhibitor den Abbau des „second-Messengers“ (c-GMP), der die Wirkung von Stickstoff-Monoxid vermittelt – wodurch die Gefäßerweiterung länger bestehen bleibt. Gut ventilierte Areale der Lunge wiesen die höchsten Konzentrationen an PDE-5 auf – im Vergleich zum Herzen eine mehr als 100fache Menge, erläuterte der Referent. Daraus resultiert eine pulmonale Selektivität von Sildenafil (Revatio®) – und eine bedarfsgerechte intrapulmonale Gefäßerweiterung. Die Wirksamkeit der Substanz ist bei 278 Patienten placebokontrolliert über zwölf Wochen nachgewiesen: Dosisabhängig zeigte sich nach vier, acht und zwölf Wochen eine hochsignifikant verbesserte körperliche Belastbarkeit: Die 6-Minuten-Gehstrekke, das primäre Zielkriterium, verlängerte sich bei der höchsten Dosierung (3 × 80 mg pro Tag) um bis zu 50 Meter, während in der Placebogruppe bereits funktionelle Verschlechterungen dokumentiert wurden.
Der pulmonale Gefäßwiderstand war nach drei Monaten um mehr als 30 Prozent gesenkt; im Median verbesserten sich die Patienten um eine WHO-Funktionsklasse. Diese Verbesserungen blieben nach Angaben von Ghofrani in der anschließenden Langzeitstudie bei 259 Patienten unter der hohen Dosierung über zwölf Monate bestehen.
Zugelassen wurde Sildenafil in einer Tagesdosis von 3 × 20 mg für die Behandlung von Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) der WHO-Funktionsklasse III. Die Wirksamkeit ist nachgewiesen bei primärer PAH und pulmonaler Hypertonie in Verbindung mit einer Bindegewebskrankheit. Die Kombination mit zugelassenen inhalativen und oralen Medikamenten wird geprüft, wobei sich nach Angaben des Referenten gute Ergebnisse abzeichnen. Untersucht wird auch der Einsatz bei pulmonaler Hypertonie infolge von Lungenerkrankungen und aufgrund chronisch thromboembolischer Ursachen.
Bei Kindern, die aufgrund angeborener Herzfehler operiert werden, sei die krisenhafte PAH nach dem Eingriff durch Sildenafil gut zu beherrschen, berichtete Ingram Schulze-Neick (Berlin) als pädiatrischer Kardiologe. Bei jungen Erwachsenen mit Eisenmenger-Syndrom – PAH und Rechtsherzhypertrophie mit Zyanose aufgrund Shunt-Umkehr – bessert Sildenafil ebenfalls die Belastbarkeit; das „Kompetenznetz für angeborene Herzfehler“ unterstützt deshalb, dass das Präparat für diese Patienten zugänglich wird.
Dr. rer. nat. Renate Leinmüller

Fachpressekonferenz: „Revatio® – neue Perspektiven in der Therapie der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH)“ in Frankfurt/Main, Veranstalter: Pfizer

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