ArchivDeutsches Ärzteblatt15/2006Genitalverstümmelung: Hilfe für betroffene Frauen

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Genitalverstümmelung: Hilfe für betroffene Frauen

Jachertz, Norbert

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„Ohne Titel“: Das Bild der nigerianischen Künstlerin Dele Campbell war 2001 im Rahmen der Wanderausstellung „Weibliche Genitalverstümmelung“ in Deutschland zu sehen. Abb.: Terre des Femmes
„Ohne Titel“: Das Bild der nigerianischen Künstlerin Dele Campbell war 2001 im Rahmen der Wanderausstellung „Weibliche Genitalverstümmelung“ in Deutschland zu sehen. Abb.: Terre des Femmes
Bundesärztekammer legt Empfehlungen vor.

Etwa 150 Millionen Frauen weltweit sind von einer Genitalverstümmelung betroffen. In Deutschland sollen nach Schätzung von Terre des Femmes 18 000 betroffene Frauen leben, 5 000 bis 6 000 Mädchen seien gefährdet. Um ihnen auch ärztlich angemessen helfen zu können, hat die Bundesärztekammer (BÄK) „Empfehlungen zum Umgang mit Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung“ erarbeitet und im Deutschen Ärzteblatt (Heft 5/2006) veröffentlicht.
Vor der Presse in Berlin stellte BÄK-Vizepräsidentin Dr. med. Cornelia Goesmann die Empfehlungen am 6. April auch öffentlich vor. Sie erinnerte daran, dass der Deutsche Ärztetag bereits vor zehn Jahren eine weltweite Ächtung der Genitalverstümmelung gefordert hatte.
Die Empfehlungen vermitteln grundlegende medizinische, ethische und rechtliche Kenntnisse und sollen, so Goesmann, die behandelnden Ärzte dabei unterstützen, „den betroffenen Frauen einfühlsam, entsprechend ihrem kulturellen Selbstverständnis, ihrem Leidensdruck und entsprechend dem Ausmaß ihrer Verstümmelungen und Beschwerden kompetent zu helfen“. Goesmann erhofft sich von der ärztlichen Beratung auch, dass Frauen, die hierzulande entbinden, von einer Beschneidung ihrer Töchter abgebracht werden können. In England wollen, ergänzte dazu Prof. Dr. Dr. Mechthild Neises, 90 Prozent der Einwanderinnen aus dem Sudan ihre Töchter beschneiden lassen.
Bundesgesundheitsministe-rin Ulla Schmidt bezeichnete Genitalverstümmelung als „Verbrechen an Frauen“. Ihre Kabinettskollegin Heidemarie Wieczorek-Zeul sehe in der Bekämpfung einen Schwerpunkt ihrer Arbeit und fördere aufklärende Projekte in vielen afrikanischen Ländern. Für solche Prävention setzte sich auch die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Prof. Dr. Maria Böhmer, ein. Nichtregierungsorganisationen, die die Tradition der Genitalverstümmelung in den Heimatländern bekämpften, sollten unterstützt werden.
Einige dieser Organisationen forderten anlässlich der Vorstellung der BÄK-Empfehlungen weitere Beratungsangebote, auch sollte in Arztpraxen mehrsprachiges Informationsmaterial ausliegen. Terre des Femmes hat mit Unterstützung des Bundesfamilienministeriums eine solche Broschüre („Wir schützen unsere Töchter“, in sechs Sprachen) entwickelt. NJ

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