

Derweil gehen die Diskussionen über eine längst überfällige Finanzreform der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ihren gewohnten Gang. Alle, die glauben, etwas zum Thema zu sagen zu haben, melden sich zu Wort: Gewerkschaften, Parteipolitiker, Gesundheitsökonomen. Es geht um das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags, Fondsmodelle und dritte Wege.
Und während die einen noch diskutieren, haben die anderen längst ihre Entscheidung getroffen und die Koffer gepackt. Gut 50 Ärztinnen und Ärzte hatten sich vor kurzem in den nordischen Botschaften in Berlin eingefunden, um sich über die Arbeitsbedingungen im nördlichen Norwegen zu informieren. Die dortige Regionalverwaltung sucht händeringend Fachärzte und greift mit Freude auf Bewerber aus Deutschland zurück. Die Deutschen gelten als qualifiziert und haben sich in der Vergangenheit als kulturell anpassungsfähig erwiesen.
Den meisten Auswanderungswilligen geht es nicht in erster Linie ums Geld. Es sind die Arbeitsbedingungen, die wenige Zeit, die für die Familie bleibt, die viele Bürokratie, die mangelnde Anerkennung, die sie forttreiben – all das eben, wofür die Kolleginnen und Kollegen auf die Straße gehen. Die meisten Norwegen-Interessierten, die sich an diesem Tag in der Botschaft versammelt haben, sind keine Berufsanfänger mehr. Viele sind Anfang oder Mitte 40 und wollen sich trotz eigener Praxis und vielfach auch gegen den Widerstand ihrer Familien neu orientieren. Sie halten es schlicht nicht mehr aus. Die Politik täte gut daran, die Stimmung unter den Ärzten endlich ernst zu nehmen. Denn ohne gute und motivierte Ärzte nutzt auch die schönste GKV-Finanzreform nichts. Heike Korzilius
Schuster, Gerhard
Wasserfall, Ulrich
Breithardt, Ole-A.