ArchivDeutsches Ärzteblatt PP5/2006Susanne: „Meine Einsamkeit“

KINDER-PSYCHE

Susanne: „Meine Einsamkeit“

Eimecke, Sylvia

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Foto: Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Marburg
Foto: Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Marburg
Susanne kam 17-jährig aufgrund einer Anorexia nervosa schwerer Ausprägung sowie einer depressiven Episode mit Suizidgedanken und selbstverletzendem Verhalten auf die kinder- und jugendpsychiatrische Station. Charakteristisch für ihr Selbsterleben waren Selbsthass und das Festhalten an ihrer Magersucht als Möglichkeit, „mit jedem Kilogramm Gewichtsverlust ein Stück von sich verschwinden (zu) lassen“. Mit zunehmender Chronifizierung der Anorexie (stationäre und tagesklinische Behandlungen bereits seit 2003 in verschiedenen Kliniken) verschloss sich Susanne immer mehr und zog sich auch sozial stark zurück.
In ihrem Bild stellt Susanne eine „einsame Frau am Strand“ dar, die für „Verlassenheit und Einsamkeit“ steht. Die „einsame Traurigkeit“ unterstreicht die Patientin durch das Schwarz des Strandes, das kontrastierende Weiß der Frau verdeutlicht umso stärker die Abgegrenztheit und fehlende Integration. Dennoch interpretiert Susanne selbst den Strand in seiner Gleichförmigkeit als „friedlich“, der als Positiv ihre „Sehnsucht nach dem Fallenlassen in die zeitweise Einsamkeit“ symbolisiert.
Dieses Bild entstand in einer Behandlungsphase, in der Susanne gleichzeitig aus der stationären Behandlung hinausdrängt, jedoch die selbstständige Aufrechterhaltung eines Mindestgewichts verweigert; ein „gesundes“, „normales“ Leben erscheint ihr unvorstellbar. Sie gibt an, sich ohne Essstörung „leer“ zu fühlen und dass ihr „das Glück fehlt“. Glück, das sie dabei empfindet, wenn sie sich selbst „verschwinden lassen kann“ und in ihrer Erkrankung stärker ist als alle anderen Menschen, die ihre Gesundung erreichen wollen. Sylvia Eimecke

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