ArchivDeutsches Ärzteblatt25/2006Insulinresistenz: Serumprotein zur Prognose geeignet

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Insulinresistenz: Serumprotein zur Prognose geeignet

Meyer, Rüdiger

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LNSLNS Ein von Fettzellen freigesetztes Protein scheint eine zentrale Rolle in der Pathogenese der Insulinresistenz zu spielen, die als Hauptursache des Typ-2-Diabetes gilt. Nach einer Studie im New England Journal of Medicine (2006; 354: 2552–63) kann „RBP4“ als Risikomarker einen Typ-2-Diabetes vorhersagen und die Wirksamkeit präventiver Strategien messen. RBP4 steht für „Retinol-binding protein 4“. Benannt ist es nach seiner Rolle im Transport von Vitamin A. Jetzt haben Barbara Kahn und Mitarbeiter (Boston) herausgefunden, dass von den Fettzellen freigesetztes RBP4 bei Versuchstieren eine Insulinresistenz induziert. Dieser Prädiabetes ist mit einer Reihe von kardialen Risikofaktoren assoziiert, die als metabolisches Syndrom zusammengefasst werden (Übergewicht, Stammfettsucht, erhöhte Triglyzeridwerte, Hypertonie, niedriges HDL-Cholesterin). Bei allen diesen Faktoren scheint RBP4 eine Schlüsselrolle zu spielen.

Zunächst wurden Personen untersucht, die entweder übergewichtig waren, eine gestörte Insulinresistenz hatten oder bereits an einem Typ-2-Diabetes erkrankt waren. Ergebnis: Je ausgeprägter die Insulinresistenz war, desto höher waren die RBP4-Werte, die außerdem mit den Komponenten des metabolischen Syndroms korreliert waren. Die Studie wurde daraufhin auf gesunde Personen mit normalem Körpergewicht, aber einer positiven Diabetes-Familienanamnese ausgeweitet. Wie erwartet, wurde auch bei ihnen eine erhöhte RBP4-Konzentration gefunden. Sportliche Übungen führten nicht nur zu einer Besserung der Insulinresistenz, auch die RBP4-Werte im Serum fielen ab. Bei einem Drittel der Personen, bei denen sich die Insulinresistenz nicht besserte, blieben auch die RBP4-Werte erhöht.

Die Autoren glauben deshalb, dass RBP4 ein geeigneter Marker für das Diabetesrisiko ist. Ein Screening könnte jene Menschen selektionieren, bei denen präventive Strategien – wie Sport oder Ernährungsberatung – sinnvoll wären. Weitere Tests könnten dann den Erfolg dieser Interventionen messen. Dies sind allerdings weit reichende Schlussfolgerungen, die auf der Basis von Kohorten mit knapp hundert Teilnehmern etwas voreilig erscheinen. Für die Grundlagenforschung dürfe es hingegen interessant sein, ob RBP4 nur ein „Bystander“ in der Pathogenese ist oder ein kausaler Faktor. Im letzten Fall böten sich Ansatzpunkte für neue Therapien, die durch die Ausschaltung von RBP4 selber oder seiner Wirkung einem Diabetes vorbeugen könnten. Rüdiger Meyer

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