

Konzern. Im Glauben, alles sei in trockenen Tüchern, hat sich das vermeintlich sichere Takeover plötzlich als wieder völ-lig offen gezeigt, ein Kenner der Materie flüsterte mir gar zu, dass durchaus von einem Dilettantenstadel gesprochen werden könne.
Der Machtkampf um Schering war im Grunde bereits gelaufen. Merck bot zunächst 77 Euro je Schering-Aktie, und lange Zeit sah es danach aus, als würden die Darmstädter das Rennen machen, bis eben Bayer als „weißer Ritter“ auftrat und, wohl auch abgestimmt mit Schering, den Übernahmepreis auf happige 86 Euro hochzog. Merck gab sich geschlagen, der Deal sei jetzt viel zu teuer, die Bayer-Verantwortlichen jubelten. Die Annahmequote von 75 Prozent, an die das Angebot formal gebunden ist, würde sicher erreicht werden, zumal Schering-Großaktionäre, wie etwa die Allianz AG, der Offerte bereits zustimmten.
Dieses blinde Vertrauen sollte sich als schlimmer Fehler erweisen. Da Schering auch an der New York Stock Exchange gehandelt wird, veröffentlichte die US-Wertpapieraufsicht SEC die Information, dass Merck weiter Schering-Aktien aufkauft. Spätestens jetzt hätten bei Bayer die Alarmglocken läuten müssen.
Merck kaufte munter massiv weiter und spät, viel zu spät, wachte Bayer auf. Spätestens am 10. Juni war klar, dass Merck seinerseits gut ein Fünftel der Schering-Aktien besaß und Bayer wohl nicht die 75 Prozent erreichen würde, um das Übernahmeangebot noch zu einem guten Ende bringen zu können. Plötzlich fingen die Leverkusener an, panisch selbst Aktien von Schering in riesigen Mengen zu kaufen, um die Sache noch irgendwie in den Griff zu bekommen, mit der juristischen (nicht bedachten?) Folge, dass jeder gezahlte Preis, der über der offiziellen Offerte von 86 Euro liegt, sich dann automatisch für alle Aktionäre erhöht, selbst wenn sie das Angebot zuvor bereits angenommen haben. Die fatale Folge: Die Übernahme, so sie überhaupt noch klappt, wird viel teurer.
Was nun? Bayer nahm erst einmal übel und verklagte die Merck AG auf Schadensersatz wegen Verstoßes gegen amerikanisches Kapitalmarktrecht. Dieser Akt der Verzweiflung macht vermutlich nur die Anwälte reicher, ändert aber nichts an der Pattsituation und schon gar nicht an der Tatsache, dass es am Ende auch drei Verlierer geben kann: Bayer, Merck und Schering. Die Machtspielchen der Beleidigten müssen beendet werden. Schnellstens.