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Gesundheitsreform: Chance verpasst


Eine Welle der Entrüstung folgte. Dabei kann man davon ausgehen, dass den Deutschen eine gute Gesundheitsversorgung wichtiger ist als eine Urlaubsreise. Doch sehen sich gerade Durchschnittsverdiener an ihrer finanziellen Belastungsgrenze. Wer nicht von Eigenbeteiligungen befreit ist, muss schon heute oft genug das für den Urlaub Gesparte anzapfen, um sich Praxisgebühr, Krankenhaus- und Medikamentenzuzahlungen leisten zu können – und das bei steigenden Beiträgen für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV).
Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass es zu einer deutlichen Verschiebung bei den Gesundheitsausgaben kam. Während der Anteil der Krankenkassen an den Gesamtleistungen von 1995 bis 2004 von 60 auf 56 Prozent zurückging, stieg der von den Privathaushalten zu leistende Anteil von zehn auf 14 Prozent. Ein Trend, der sich mit der nächsten Gesundheitsreform fortsetzen wird. So fordert Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), „die Zuzahlungen sollten künftig im Schnitt bei zehn Prozent der Behandlungskosten liegen“.
Dass mehr Geld ins System muss, um die unweigerlich steigenden Ausgaben zu decken, steht außer Frage. Nur muss es dabei gerecht zugehen. Mit ihren Eckpunkten hat die Politik die Chance verpasst, die Finanzbasis der Kassen auf eine ordnungspolitisch saubere Grundlage zu stellen. Dies hätte ebenso über eine verbreiterte GKV-Einnahmebasis geschehen können wie über eine Prämie mit steuerfinanzierter Abdeckung des sozialen Ausgleichs. Die steigenden Ausgabenlasten wären bei beiden Modellen auf viele Schultern verteilt worden. Stattdessen setzt die Koalition einmal mehr auf Kostendämpfung und schröpft die Versicherten mal hier und mal dort.
Das führt zu Frust, den die Patienten nicht selten zu ihren Ärzten tragen. Ihnen nun auch noch den wohlverdienten Urlaub zu vermiesen, macht es nicht besser. Samir Rabbata
Weber, Joachim
Krautter, Hermann
Broicher, Franz-Josef
Kornmilch, Ernst-Ekkehard
Bialas, Rolf
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