ArchivDeutsches Ärzteblatt34-35/2006Gesundheitsreform: Auch Kliniken machen mobil

POLITIK

Gesundheitsreform: Auch Kliniken machen mobil

Rabbata, Samir

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LNSLNS Die Krankenhäuser fürchten Kürzungen und laufen gegen die Pläne der Regierung Sturm.

Die Krankenkassen haben es vorgemacht. Jetzt startet auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) eine groß angelegte Kampagne gegen die geplante Gesundheitsreform der Bundesregierung. Das Entsetzen der Krankenhausträger über die Reformeckpunkte sei groß, sagte DKG-Präsident Dr. Rudolf Kösters: „Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch sehen wir, dass die Koalition nicht einmal ansatzweise ihre selbst gesteckten Ziele erreicht hat.“ Er kündigte an, dass die mehr als 2 000 Krankenhäuser mit bundesweiten Aktionen gegen die Reformpläne mobil machen wollen. Neben einer Auftaktveranstaltung am 5. September in Berlin sei eine flächendeckende Plakatkampagne vorgesehen. Man wolle zudem Politiker in ihren Wahlkreisen ansprechen und die Patienten in den Kliniken über die Folgen des Gesetzesvorhabens informieren. Dafür will die DKG zwischen 250 000 und 500 000 Euro ausgeben.
Nach derzeitigem Stand zählen sich die Krankenhäuser wie auch die Krankenkassen zu den großen Verlierern des Gesetzesvorhabens (dazu DÄ, Heft 28–29/2006). Während Kassenvertreter wegen des geplanten Gesundheitsfonds gestalterischen Einflussverlust fürchten, sehen die Krankenhäuser vor allem finanzielle Mehrbelastungen auf sich zukommen. Auf scharfe Kritik stößt bei den Klinikbetreibern, dass ihnen ein so genannter Sanierungsbeitrag in Höhe von einem Prozent ihrer Budgets abverlangt werden soll. Davon verspricht sich die Bundesregierung Einsparungen von einer halben Milliarde Euro. In ihren Eckpunkten begründen die Koalitionäre dies damit, dass die Kliniken als größter Ausgabenfaktor der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angemessen an der Stabilisierung der Kosten beteiligt werden müssten. DKG-Präsident Kösters bezeichnete dies als „schlechten Witz“: „Dass die Kliniken nach jahrelangen Minusbudgets, DRG-Einführung, Tariferhöhungen, neuen Arbeitszeitregelungen und Mehrwertsteuererhöhung nunmehr über einen Zwangsbeitrag die Finanzprobleme der Krankenkassen lösen sollen, ist nicht mehr verkraftbar.“
Die Mehrbelastung der Krankenhäuser durch die Gesundheitsreform schätzt Kösters auf 1,25 Milliarden Euro. Neben dem Sanierungsbeitrag kämen auf die Kliniken durch die Verlängerung der Anschubfinanzierung für die Integrierte Versorgung Mehrausgaben von 500 Millionen Euro zu. Zusätzlich würde die vorgesehene Finanzierung hoch spezialisierter Leistungen mit 250 Millionen Euro zu Buche schlagen. Kösters appellierte an die Politik, die geplante Kürzung des Krankenhausbudgets zurückzunehmen. Außerdem müssten die Mehrkosten von rund 1,5 Milliarden Euro infolge der Tarifrunde 2006 über einen gesetzlichen Zuschlag von drei Prozent auf die Budgets refinanziert werden (dazu auch der Beitrag „Die Arbeitgeber küren sich zum Verlierer“ in diesem Heft).
Großdemonstrationen sind nicht ausgeschlossen
Dass es wegen der angekündigten Protestaktionen Streit mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) geben könnte, glaubt Kösters nicht. Zuletzt kam es wegen der Antireformkampagne der Krankenkassen zu einem harten Schlagabtausch zwischen den GKV-Spitzen und dem BMG. Die Regierung verlangte, dass für die Aktionen der Kassen keine Versichertengelder ausgegeben werden. Kösters stellte klar, dass die Kampagne der DKG aus den Haushalten der Mitgliedsverbände finanziert werde. Diese würden sich aus vielfältigen Einnahmen der Krankenhäuser speisen – neben GKV-Geldern auch aus Zuzahlungen der Patienten oder aus Mitteln der privaten Krankenversicherung. Noch nicht festlegen wollte sich Kösters, ob auch Großdemonstrationen der Krankenhausbeschäftigten geplant sind: „Diese Option halten wir uns aber auf jeden Fall offen.“ Samir Rabbata

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