POLITIK
Aktionstag: Patient in Not – diese Reform schadet allen


Foto: ddp
Montag, der 4. Dezember, könnte ein denkwürdiger Tag für das Gesundheitswesen werden. An diesem Tag werden Ärzte, Krankenhäuser, Psychologische Psychotherapeuten, Apotheker, Zahnärzte, Pflegekräfte und viele weitere Angehörige von Gesundheitsberufen bundesweit ihre Kräfte bündeln und erneut ein deutliches Signal in Richtung Berlin senden. „Patient in Not – Diese Reform schadet allen“, lautet das Motto des Aktionstages gegen die Gesundheitsreform, der von mehr als 40 Verbänden und Organisationen getragen wird.
Da ist was faul!
Mit diesem Plakat
warnen die Initiatoren
des Aktionstages
vor der
geplanten Gesundheitsreform.
Keine Normalversorgung in weiten Teilen des Landes
Ein Schwerpunkt des bundesweiten Aktionstages wird dem Präsidenten der Bundesärztekammer zufolge Nordrhein-Westfalen sein. Dort werde es in weiten Teilen des Landes keine Normalversorgung geben, kündigte Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe an. Die Notfallversorgung sei aber gewährleistet.
Praxisschließungen wie in Nordrhein-Westfalen sind auch in den anderen Bundesländern geplant. „Es ist so, als ob es Sonntag wäre“, sagt Dr. med. Frieder Hutterer, Vorsitzender der KV-Kreisstelle Köln. „Die Patienten werden in akuten Fällen von den örtlichen Notfallpraxen oder dem ärztlichen Bereitschaftsdient betreut.“ Sein Kölner Kollege, der Gynäkologe Dr. med. Volker Meyer, nimmt schon seit geraumer Zeit keine Termine „für diesen Montag“ mehr an.
Auch in Rheinland-Pfalz bleiben viele Praxen geschlossen. So besucht die Mainzer Allgemeinärztin und Psychotherapeutin Dr. med. Renate Borg-Kopp am Aktionstag ein Qualitätsmanagement-Seminar, das die Kasssenärztliche Vereinigung am 4. Dezember ausrichtet. Borg-Kopp hält die Reform für „reine Augenwischerei“. Die wirklich drängenden Probleme blieben ungelöst. „Das Geld wird nicht mehr, und unsere Leistungen werden immer schlechter bezahlt“, klagt die Allgemeinärztin.
Dipl.-Med. Bruno Jung aus Aschersleben in Sachsen-Anhalt wird zwar am Aktionstag Termine vergeben. Dennoch werden die Patienten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes merken, dass an diesem Tage etwas anders ist. Jung gibt seinem Praxispersonal frei und schiebt ganz alleine Dienst: „Ich werde die Anmeldung übernehmen, Karteikarten heraussuchen und Rezepte vorbereiten.“ Dass seine Patienten dabei ungewohnt lange auf die Behandlung warten müssen, ist in diesem Fall erwünscht: „Es geht darum“, sagt Jung, „den Patienten die Folgen einer verfehlten Gesundheitspolitik deutlich zu machen.“
Aufklärung: „Die Patienten
müssen erfahren, was auf
sie zukommt“, sagt die
Gynäkologin Kerstin Jäger
aus Halle in Sachsen-Anhalt.
Foto: NAV
Ärzte fühlen sich getäuscht
Ganz konkrete Sorgen veranlassen Dr. med. Andreas Rühl aus Ulm dazu, seine Praxis am Aktionstag geschlossen zu halten. Der Allgemeinarzt mit naturheilkundlichem Schwerpunkt befürchtet, die anstehende Gesundheitsreform könne die individuelle, ganzheitliche Medizin noch weiter zurückdrängen. „Das ist so“, sagt der 51-Jährige, „als wenn sie einen Gärtner beauftragen, etwas anzupflanzen, ihm aber das Wasser abdrehen.“
Warum viele Ärztinnen und Ärzte in allen Teilen der Republik bereit sind, die massiven Proteste gegen die Gesundheitsreform fortzusetzen, erläutert Dr. med. Klaus Becker, Onkologe aus Hamburg. „Ich fühle mich von der Politik getäuscht“, sagt Becker, der in der Hansestadt eine Gemeinschaftspraxis mit fünf weiteren Kollegen betreibt. Becker ist dafür, „sich zu wehren und den Mund aufzumachen, weil wir sonst fremdbestimmt werden“. Der Onkologe ist davon überzeugt, dass die Praxen der niedergelassenen Ärzte durch die Reform Schaden nehmen werden. Vor allem durch die Absicht der Regierung, die Budgetierung fortzusetzen, sieht Becker gewaltige Probleme auf die ohnehin unterfinanzierte ambulante Versorgung zukommen.
Das sieht auch Dr. med. Susanne Neuß, Dermatologin in Hürth, so: „Was uns am meisten an dieser geplanten Reform stört, ist, dass die Budgetierung bleibt und unsere Leistungen nach wie vor nicht bezahlt werden. Uns wurde eigentlich etwas anderes versprochen.“
Stimmen aus Hamburg: Klaus Becker und Karin Hanke
„Ich fühle mich von der Politik getäuscht“, sagt der Onkologe
und verweist auf die Absicht der Regierung, die Budgetierung
fortzusetzen. Die Allgemeinärztin Karin Hanke wirft der Politik
vor, ein falsches Bild von den Anliegen der Ärzteschaft zu zeichnen.
„Es ist alles schon gesagt, ohne dass es verstanden worden
wäre“, sagt Hanke mit Blick auf die Ignoranz der Politik.
Fotos: privat (l.), Michael Zapf (r.)
Auch das wird ein wichtiger Punkt sein, den die Angehörigen der Gesundheitsberufe am 4. Dezember den Patienten bundesweit vermitteln werden. Die Information der Bevölkerung steht im Mittelpunkt des Aktionstages, wobei die Initiatoren nicht nur auf eine Vielzahl ungewöhnlicher Protestaktionen setzen, sondern ganz gezielt auch auf die Reaktionen der Medien. In allen Bundesländern sind Pressekonferenzen geplant – alle im Hinblick auf den Leitgedanken des Aktionstages: Patient in Not. Die Bevölkerung soll davon in Kenntnis gesetzt werden, dass die geplante Gesundheitsreform keine Probleme löst, sondern allen schadet. Auf dem Plakat heißt es dazu an die Patienten gerichtet:
- Gegen Wartelisten – für Ihre individuelle Betreuung
- Keine staatliche Zuteilungsmedizin für eine bürgernahe Patientenversorgung
- Stopp der chronischen Unterfinanzierung! Damit Sie auch morgen noch ausreichend versorgt werden!
Josef Maus
Burkhard-Meier, Jonas
Busch, Heiner
Broich, Andreas