THEMEN DER ZEIT
Ausstellung Computer.Medizin: Technik, die den Menschen hilft


Mindball-Entspannungsspiel:
Allein mit der Kraft
ihrer Gedanken
steuern die
Spielerinnen den
Ball in Richtung der
Gegenspielerin.
Je entspannter sie
dabei sind, desto
weiter bewegt sich
der Ball.
Fotos: HNF Paderborn
Ein lebensgroßer Avatar* – halb Mensch, halb animiertes anatomisches Modell – nimmt die Besucher in Empfang und gibt einen ersten Überblick über die Ausstellung „Computer.Medizin“ im HNF – Heinz Nixdorf MuseumsForum Paderborn. Gleich schräg gegenüber befindet sich das „anatomische Theater“, das auf die zentrale Stellung der Anatomie innerhalb der Medizin hinweist. Ende des 16. Jahrhunderts entstanden, ermöglichten anatomische Theater erstmals auch dem medizinischen Laien durch öffentlich durchgeführte Sektionen Einblicke in das menschliche Innere. Doch in Paderborn wird der menschliche Körper anhand moderner Technologien transparent für den Betrachter. Computererzeugte Bilder und Programme ersetzen den klassischen Anatomieatlas und ermöglichen dreidimensionale virtuelle Reisen durch den Körper. So können die Besucher das auf einem Großbildschirm präsentierte anatomische Modell mit Zeigegesten steuern, dabei intuitiv unter die menschliche Haut vordringen und virtuell das Nerven- und Kreislaufsystem sowie das Skelett des menschlichen Körpers erkunden.
Nicht nur für Diagnostik und Therapie, sondern auch für präventive und rehabilitative Maßnahmen werden zunehmend computergestützte Verfahren eingesetzt. Zum zehnjährigen Jubiläum des 1996 eröffneten HNF hat das Computermuseum eine große Sonderausstellung zum Verhältnis von Computer und Medizin konzipiert. „Es geht nicht um ein Spezialthema, sondern um einen Überblick über alle Bereiche des medizinischen Geschehens, in denen Computertechnologie eine Rolle spielt“, erläutert Dr. Kurt Beiersdörfer, Geschäftsführer des HNF, das Ausstellungskonzept. Die Ausstellung sei weltweit einmalig, weil sie didaktisch strukturiert und hochgradig interaktiv sei. Von den hundert Exponaten können die Besucher rund ein Drittel selbst ausprobieren und testen. Präsentiert werde außerdem nichts Geschichtliches, sondern die aktuelle High-tech-Entwicklung mithilfe von Hightech, teilweise „frisch aus dem Labor“, so Beiersdörfer. Vier Hauptbereiche werden beim Rundgang thematisiert: Wellness und Alltag, der Blick in den Körper, Eingriffe in den Körper und Hilfen für den Körper.
Beispiele
für Exponate:
Ein Navigationssystem
im Operationssaal . . .
. . . die
interaktive Fitness-
Trainingswand
(T-Wall) . . .
Im Sonderbereich „elektronische Gesundheitskarte“ können sich die Besucher über das Telematikprojekt informieren und an drei aufeinanderfolgenden Stationen – Arztpraxis, Patientenkiosk und Apotheke – eigenhändig ein elektronisches Rezept ausstellen, am Patiententerminal abrufen und in der Apotheke einlösen. Dazu erhalten sie ein Gesundheitskarten-Muster, mit dem sie den Demonstrationsparcours durchlaufen.
Bilder für die Diagnostik
. . . und
der Ausstellungsbereich
zu diagnostischen
Verfahren,
in dem die bildgebenden
Verfahren
eine zentrale Rolle
spielen.
Eingriffe in den Körper
Ein
MRT-Gerät der
Firma Siemens
Zum Abschluss des Rundganges demonstrieren die „Hilfen für den Körper“ eindrucksvoll, wie durch die Computertechnik verloren gegangene Körperfunktionen zumindest teilweise kompensiert werden können. Herausragende Beispiele sind das „C-Leg“, eine mikroprozessorgesteuerte Kniegelenkprothese, die ein nahezu natürliches Gehen ermöglicht, sowie eine myoelektrisch gesteuerte Armprothese, die mit kleinen Motoren und Akkus ausgestattet ist, um Handbewegungen auszuführen. Beide Prothesen wurden bereits bei den Paralympics erfolgreich von Sportlern genutzt. Weitere Exponate sind Retina- und Cochlea-Implantate, Neurostimulationssysteme, ein Rehagerät für neuromuskuläre Störungen sowie ein Herzhandy. Beim interaktiven Entspannungsspiel „Mindball“ können die Besucher üben, einen Ball allein mit der Kraft ihrer Gedanken zu bewegen. Die Spieler tragen dazu ein Stirnband mit Elektroden, die die Hirnströme der Spieler messen. Je entspannter ein Spieler ist, desto stärker kann er den Ball in Richtung seines Gegenspielers treiben. Um die Übersetzung von Gehirnsignalen in Steuerungssignale geht es auch beim „Brain Computer Interface“ (Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik), einer Schnittstelle zwischen Gehirn und Computer, die künftig Menschen, die aufgrund von Behinderungen nicht mit ihrer Umwelt kommunizieren können, neue Kommunikations- und Handlungschancen eröffnen soll.
Heike E. Krüger-Brand
*virtuelle, animierte Darstellung eines Menschen in dreidimensionaler Optik auf einem Bildschirm
Basisdaten
- Termin: 25. Oktober 2006 bis 1. Mai 2007
- Informationen: www.hnf.de; www.computer-medizin.de
- Katalog (deutsch/englisch), 360 Seiten, reich bebildert
Die Ausstellung begleitet ein umfangreiches Programm medizinischer Fachkongresse und Vorträge.
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