ArchivDeutsches Ärzteblatt48/2006Katastrophenmedizin: Wunsch und Wirklichkeit
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Mit reißerischen Bildern wird im Artikel von Lübbe der ethische Anspruch auf einen Ex-ante-Konsens der Gesellschaft formuliert, der in der Praxis nicht zu halten sein wird . . . Da die Zerstörung oder der Mangel an Infrastruktur am Schadensort eines der Charakteristika einer Katastrophe ist, wird es in jedem Entwicklungs- und Ausrüstungsstand der Katastrophenmedizin immer Szenarien geben, in denen medizinisches Versorgungsangebot und -nachfrage im Missverhältnis zueinander stehen (ohne Vorliegen „drastischer Ineffizienz“). Eine alltagsmedizinisch übliche individuelle Maximalversorgung kann unter diesen Umständen nicht gewährleistet werden. Folglich wird die Ressourcenallokation immer nach Effizienzgesichtspunkten priorisiert werden müssen, unabhängig davon, in welchem Umfang von der Gesellschaft Mittel bereitgestellt werden. Der im Artikel in diesem Zusammenhang vielfach bemühte Vergleich mit der Alltagsmedizin (Transplantation, chronische Erkrankungen) greift beim Massenanfall von Patienten daher in jeder Hinsicht viel zu kurz. Gerade die „anonyme“ mediengeführte Gesellschaft dürfte daran interessiert sein, möglichst viele „statistische Leben“ zu retten. Letztlich mit Nutzen für das einzelne (anonyme) gleichwertige Individuum. Dies ist nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern auch der Moral. Eine kritische Analyse der bestehenden Verhältnisse mit dem Ziel, aus vergangenen Szenarien für die Zukunft zu lernen, ist dennoch notwendig und sinnvoll. So gerne wir aber eine Aufstockung der Katastrophenschutzressourcen sehen würden, so klar ist es, dass es nie möglich sein wird, im Katastrophenfall eine individuelle Maximalversorgung zu gewährleisten.
Dr. Mark Frank,
PD Dr. Axel R. Heller D.E.A.A.,
Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie,
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus,
Fetscherstraße 74, 01307 Dresden

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