ArchivDeutsches Ärzteblatt48/2006Flamenco in Sevilla: Freude, Schmerz und Leidenschaft

KULTUR

Flamenco in Sevilla: Freude, Schmerz und Leidenschaft

Bühring, Petra

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Folklore am Plaza de España in Sevilla. Foto: picture-alliance
Folklore am Plaza de España in Sevilla. Foto: picture-alliance
Im andalusischen Sevilla kommen Flamenco-Fans auf ihre Kosten.

Die kleinen Geschäfte in Sevillas Altstadt, dem Barrio Santa Cruz rund um die berühmte Kathedrale und die Giralda, leben vom Mythos des Flamenco: Castagnetten, Seidenstolas, rot-schwarze Kleider oder Haarkämme werden als Souvenirs, aber auch in hochwertiger Qualität angeboten. Flamenco und Stierkampf sind die beiden Traditionen, die in Andalusien immer noch eine große Rolle spielen. Während das Interesse der jungen Spanier am Stierkampf, der den Tod zelebriert, immer mehr zurückgeht, boomt der Flamenco: der Tanz-, Musik- und Gesangsstil, den der Regisseur Carlos Saura in den Neunzigerjahren mit Filmen wie „Carmen“ oder „Bodas de Sangre“ auch in Deutschland bekannt machte. Flamenco, das ist der Tanz mit den orientalisch anmutenden Handbewegungen, dem Hüftschwung karibischen Ursprungs, den wilden rhythmisch-stampfenden Schritten, deren Klang durch die Metallplättchen unter den Absätzen noch verstärkt wird. Bei traditionellen Flamencoaufführungen wird die Tänzerin oder der Tänzer begleitet von Flamenco-Gitarren, dem Leid und Schmerz ausdrückenden Gesang sowie rhythmischem Klatschen.
Die Stars des Flamenco treten bei der Flamenco-Biennale auf, die alle zwei Jahre jeweils von Mitte September bis Mitte Oktober in Sevilla stattfindet (die nächste 2008). An traditionsträchtigen Veranstaltungsorten wie dem Teatro Lope de Vega, einem der vielen Pavillons, die für die ibero-amerikanische Weltausstellung 1929 errichtet wurden, oder dem Innenhof des Hotel Triana – Triana ist das Viertel der Musiker und Keramikkünstler – kann man erleben, wie verbunden die Andalusier mit ihrer Musik sind. Begeistern die Künstler besonders, werden sie vom Publikum mit Olé-Ausrufen, rhythmischem Klatschen oder Stampfen angefeuert.
In Sevilla beginnen die kleinen Mädchen den Tanz schon mit drei Jahren zu lernen. Mehr als 40 Tanzschulen bieten in der 700 000-Einwohner zählenden Stadt am Guadalquivir Flamenco-Unterricht an. Einige davon wenden sich mit ihren Angeboten (Adressen siehe Kasten) speziell an Tanzbegeisterte aus dem Ausland – zurzeit ist der Tanz kurioserweise besonders bei Japanern beliebt.
Erstes Flamencomuseum der Welt
Das im Oktober 2006 eröffnete „Museo del baile Flamenco“ – das erste Flamencomuseum der Welt – bietet ebenfalls Tanzunterricht für Ausländer an. Cristina Hoyos, vermutlich die erfolgreichste Tänzerin und Choreografin, suchte am Ende ihrer Laufbahn einen Weg, wie sie „ihrem Publikum das zurückgeben kann, was ihr der Flamenco bedeutet hat“, erzählt Francisco Javier Andrade, kaufmännischer Direktor des Museums. Die Familie Hoyos trug die Gesamtkosten von fünf Millionen Euro für das hoch technologisierte Museum allein. Entstanden ist ein beeindruckendes Haus, das seine besondere Atmosphäre auch dem Gebäude, einem der vielen alten Herrenhäuser der Stadt aus dem 18. Jahrhundert, verdankt. Das Museum wolle ein „Ort der Begegnung“ sein, betont Andrade. Seminare, Kunstausstellungen, Vorführungen wollen neben dem interaktiven multimedialen Ausstellungskonzept den Besucher in die Welt des Flamenco führen. Angesprochen werden die Sinne, beispielsweise mit Kurzfilmen über die sieben wichtigsten Flamenco-Tanzstile auf überdimensionierten Leinwänden – wie die leidenschaftlichen Tangos, die wehmütigen Soleás oder die freudigen Alegrías. Nicht nur dort wird der Besucher zum Tanzen eingeladen.
Petra Bühring


Informationen
- Flamenco-Biennale: www.bienal-flamenco.org
- Tanzschulen in Sevilla mit Angeboten für Touristen (Auswahl): Centro Autorizado de Danza Matilde Coral:
Telefon 00/34/9 54 33 97 31
Fundación Cristina Heeren: www.flamencoheeren.com
Museo del baile Flamenco: www.museoflamenco.com
www.spain.info (bietet einen virtuellen Rundgang durch Sevilla)

Flugverbindungen
Iberia fliegt von vielen deutschen Städten über Madrid nach Sevilla (www.iberia.de); ebenso Air Berlin mit Zwischenstopp in Palma de Mallorca (www.airberlin.com).

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