BEKANNTGABEN DER HERAUSGEBER: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Bekanntmachungen: Qualitätssicherungsvereinbarung zur Akupunktur bei chronisch schmerzkranken Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V (Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur)


Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Ziel und Inhalt
Diese Vereinbarung ist eine Maßnahme zur Qualitätssicherung, mit welcher die Qualität bei der Erbringung von Leistungen der Körper-
akupunktur mit Nadeln ohne elektrische Stimulation bei chronisch schmerzkranken Patienten (im Folgenden: Akupunktur) gesichert werden soll. Die Vereinbarung regelt die fachlichen, räumlichen und apparativen Voraussetzungen sowie die Anforderungen an die Durchführung und an die Dokumentation für die Ausführung und Ab-
rechnung von Leistungen der Akupunktur in der vertragsärztlichen Versorgung bei folgenden gemäß Anlage I Nr. 12 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses zugelassenen Indikationen (Leistungen nach den Nummern 30790 und 30791 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes [EBM]):
1. Chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule, die seit mindes-
tens sechs Monaten bestehen und gegebenenfalls nichtsegmental bis maximal zum Kniegelenk ausstrahlen (pseudoradikulärer Schmerz)
2. Chronische Schmerzen in mindestens einem Kniegelenk durch Gonarthrose, die seit mindestens sechs Monaten bestehen.
§ 2
Genehmigung
(1) Die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur in der vertragsärztlichen Versorgung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte ist erst nach Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Arzt die nachstehenden Voraussetzungen nach Abschnitt B im Einzelnen erfüllt.
(2) Die Erfüllung der in Absatz 1 genannten Voraussetzungen ist gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachzuweisen. Das Verfahren richtet sich nach Abschnitt D in Verbindung mit den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 75 Abs. 7 SGB V.
(3) Die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur ist mit der Auflage zu erteilen, dass die in § 5 und § 6 festgelegten Anforderungen an die Durchführung und an die Dokumentation der Akupunktur erfüllt werden.
Abschnitt B
Genehmigungsvoraussetzungen
§ 3
Fachliche Befähigung
Die fachliche Befähigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur nach § 1 gilt als nachgewiesen, wenn folgende Anforderungen erfüllt und durch Zeugnisse und Bescheinigungen nach § 7 nachgewiesen werden:
1. Kenntnisse der allgemeinen Grundlagen der Akupunktur, nachgewiesen durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Zusatz-Weiterbildung „Akupunktur“ gemäß den Vorgaben im Abschnitt C: Zusatz-Weiterbildungen der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vom Mai 2005 beziehungsweise Nachweis einer in Struktur und zeitlichem Umfang der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer gleichwertigen Qualifikation in den Bundesländern, in denen dieser Teil der
(Muster-)Weiterbildungsordnung nicht umgesetzt ist, und
2. Kenntnisse in der psychosomatischen Grundversorgung, nachgewiesen durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Fortbildung gemäß den Vorgaben des Curriculums Psychosomatische Grundversorgung der Bundesärztekammer (80-Stunden-Curriculum „Kern-[Basis]Veranstaltung“) und
3. Teilnahme an einem von der Ärztekammer anerkannten interdisziplinären Kurs über Schmerztherapie von 80 Stunden Dauer.
§ 4
Räumliche und apparative Voraussetzungen
Die Durchführung der Akupunktur erfolgt in separaten, abgeschlossenen Räumen mit Liegen (ein Liegeplatz je abtrennbarer Behandlungseinheit) unter Verwendung steriler Einmalnadeln.
Abschnitt C
Anforderungen an die Durchführung
und an die Dokumentation
§ 5
Schmerztherapeutische Versorgung durch Akupunktur
(1) Die Durchführung der Akupunktur bei chronisch schmerzkranken Patienten ist an folgende Maßgaben gebunden:
1. Feststellung einer Symptomatik beziehungsweise Diagnose nach Anlage I Nr. 12 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses
2. Überprüfung, dass vor der Akupunktur ein mindestens sechsmonatiges ärztlich dokumentiertes Schmerzintervall vorliegt
3. Erstellung beziehungsweise Überprüfung eines inhaltlich und zeitlich gestaffelten Therapieplans unter Einbeziehung der Akupunktur im Rahmen eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzepts unter Beurteilung der bisher gegebenenfalls durchgeführten Maßnahmen und der bestehenden Therapieoptionen
4. Durchführung einer standardisierten fallbezogenen Eingangserhebung (Eingangsdokumentation) zur Schmerzevaluation mit den Parametern Lokalisation des Hauptschmerzes an der Lendenwirbelsäule beziehungsweise am betroffenen Kniegelenk, Schmerzdauer, Schmerzstärke, Schmerzhäufigkeit, Beeinträchtigung der Alltagstätigkeiten durch den Schmerz, Beeinträchtigung der Stimmung durch den Schmerz
5. Durchführung einer standardisierten Verlaufserhebung (Verlaufsdokumentation) bei Abschluss der Behandlung mit den
Dimensionen Lokalisation des Hauptschmerzes an der Lendenwirbelsäule beziehungsweise am betroffenen Kniegelenk, Zufriedenheit mit der Schmerzbehandlung, Stärke des Hauptschmerzes, Schmerzhäufigkeit, Beeinträchtigung der Alltagstätigkeiten durch den Schmerz, Beeinträchtigung der Stimmung durch den Schmerz
6. Regelmäßige Teilnahme (mindestens viermal im Jahr) an Fallkonferenzen beziehungsweise an Qualitätszirkeln zum Thema „chronische Schmerzen“, wobei mindestens einmal im Jahr Fälle behandelter Patienten vorzustellen sind. Folgende Anforderungen sind dabei zu erfüllen:
a) mindestens zwei Teilnehmer müssen über eine Genehmigung nach dieser Vereinbarung verfügen
b) Vertreter verschiedener Fachgebiete sollen an den Sitzungen teilnehmen.
(2) Die regelmäßige Teilnahme an Fallkonferenzen beziehungsweise an Qualitätszirkeln ist zu dokumentieren (Datum, Teilnehmer, Themen, gegebenenfalls vorgestellte Fälle). Die Teilnahmebestätigungen sind der Kassenärztlichen Vereinigung in jährlichen Abständen – erstmalig ein Jahr nach Erteilung der Genehmigung – vorzulegen.
(3) Die Akupunktur bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule nach § 1 Nr. 1 erfolgt mit jeweils bis zu zehn Sitzungen innerhalb von maximal sechs Wochen und in begründeten Ausnahmefällen mit bis zu 15 Sitzungen innerhalb von maximal zwölf Wochen, jeweils mindestens 30 Minuten Dauer, mit jeweils 14–20 Nadeln.
(4) Die Akupunktur bei chronischen Schmerzen in mindestens einem Kniegelenk durch Gonarthrose nach § 1 Nr. 2 erfolgt mit jeweils bis zu zehn Sitzungen innerhalb von maximal sechs Wochen und in begründeten Ausnahmefällen mit bis zu 15 Sitzungen innerhalb von maximal zwölf Wochen, jeweils mindestens 30 Minuten Dauer, mit jeweils sieben bis 15 Nadeln je behandeltes Knie.
§ 6
Überprüfung der Dokumentation
(1) Die Überprüfung der Dokumentation einer Akupunkturbehandlung bezieht sich auf die Dokumentation des Therapieplans sowie der Eingangs- und Verlaufserhebung nach § 5 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 sowie auf die Begründung der Ausnahmefälle nach § 5 Abs. 3 oder 4.
(2) Die Kassenärztliche Vereinigung fordert jährlich von mindes-
tens fünf Prozent der Ärzte, die Leistungen nach § 1 erbringen und abrechnen, Dokumentationen zu zwölf abgerechneten Fällen und zu 18 abgerechneten Ausnahmefällen mit bis zu 15 Sitzungen nach § 5 Abs. 3 oder Abs. 4 an. Die Auswahl der Fälle erfolgt nach dem Zufallsprinzip durch die Kassenärztliche Vereinigung unter Angabe des Namens des Patienten und des Tages, an dem die Akupunktur durchgeführt wurde. Wurden weniger als 18 Ausnahmefälle abgerechnet, bezieht sich die Überprüfung auf alle abgerechneten Ausnahmefälle.
(3) Die eingereichten Dokumentationen sind daraufhin zu überprüfen, ob die nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 vorgegebenen Dokumentationsinhalte vollständig oder unvollständig dokumentiert sind. Sie sind weiterhin daraufhin zu überprüfen, ob sie nachvollziehbar beziehungsweise eingeschränkt nachvollziehbar oder nicht nachvollziehbar begründet sind. Die eingereichten Dokumentationen der Ausnahmefälle sind darüber hinaus daraufhin zu überprüfen, ob sie hinsichtlich der Indikation für eine Verlängerung der Akupunkturbehandlung nach § 5 Abs. 3 oder 4 nachvollziehbar beziehungsweise eingeschränkt nachvollziehbar oder nicht nachvollziehbar begründet sind.
(4) Die Überprüfung der Dokumentation gilt als nicht bestanden, wenn mindestens zehn Prozent der Dokumentationen als unvollständig beziehungsweise als nicht nachvollziehbar beurteilt wurden.
(5) Das Ergebnis der Überprüfung der Dokumentation wird dem Arzt durch die Kassenärztliche Vereinigung innerhalb von vier Wochen mitgeteilt. Der Arzt soll über bestehende Mängel informiert und gegebenenfalls eingehend beraten werden, wie diese behoben werden können.
(6) Werden die Anforderungen an die Dokumentation nach Absatz 4 nicht erfüllt, muss der Arzt innerhalb von zwölf Monaten an einer erneuten Überprüfung der Dokumentation teilnehmen. Werden die Anforderungen auch dann nicht erfüllt, hat der Arzt die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten an einem Kolloquium bei der Kassenärztlichen Vereinigung teilzunehmen. Hat der Arzt an dem Kolloquium nicht teilgenommen oder war die Teilnahme an dem Kolloquium nicht erfolgreich, ist die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur zu widerrufen.
(7) Der Antrag auf Wiedererteilung der Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur kann frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Widerruf der Genehmigung gestellt werden. Die Wiedererteilung der Genehmigung richtet sich nach § 2.
Abschnitt D
Verfahren
§ 7
Genehmigungsverfahren
(1) Anträge auf Genehmigung sind an die Kassenärztliche Vereinigung zu richten.
(2) Dem Antrag auf die Genehmigung sind insbesondere beizufügen:
1. Zeugnis über die Berechtigung zum Führen der Zusatz-Weiterbildung „Akupunktur“ gemäß den Vorgaben im Abschnitt C: Zusatz-Weiterbildungen der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vom Mai 2005 beziehungsweise Nachweis einer in Struktur und zeitlichem Umfang der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer gleichwertigen Qualifikation in den Bundesländern, in denen dieser Teil der (Muster-) Weiterbildungsordnung nicht umgesetzt ist.
2. Zeugnis über die erfolgreiche Teilnahme an einer Fortbildung gemäß den Vorgaben des Curriculums Psychosomatische Grundversorgung der Bundesärztekammer (80-Stunden-Curriculum „Kern-[Basis]Veranstaltung“)
3. Zeugnis über die Teilnahme an einem von der Ärztekammer anerkannten interdisziplinären Kurs über Schmerztherapie von 80 Stunden Dauer.
(3) Über die Anträge und über den Widerruf oder die Rücknahme einer erteilten Genehmigung entscheidet die Kassenärztliche Vereinigung. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn aus den vorgelegten Zeugnissen und Bescheinigungen hervorgeht, dass die in Abschnitt B genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(4) Die Kassenärztliche Vereinigung kann die Qualitätssicherungs-Kommission nach § 8 beauftragen, die apparativen und räumlichen Gegebenheiten in der Praxis daraufhin zu überprüfen, ob sie den Bestimmungen dieser Vereinbarung entsprechen. Die Genehmigung wird nur erteilt, wenn der Arzt in seinem Antrag sein Einverständnis zur Durchführung einer solchen Überprüfung erklärt.
(5) Bestehen trotz der vorgelegten Zeugnisse und Bescheinigungen begründete Zweifel an der fachlichen Befähigung nach § 3, so kann die Kassenärztliche Vereinigung die Genehmigung von der erfolgreichen Teilnahme an einem Kolloquium abhängig machen. Das Gleiche gilt, wenn der antragstellende Arzt im Vergleich zu dieser Vereinbarung eine abweichende, aber gleichwertige Befähigung nachweist.
(6) Das Nähere zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens (zum Beispiel Organisation und Durchführung der Kolloquien, Zusammensetzung der Qualitätssicherungs-Kommissionen) regelt die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Richtlinien für Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 75 Abs. 7 SGB V.
§ 8
Qualitätssicherungs-Kommission
Für die Durchführung dieser Vereinbarung und zur Überprüfung der Dokumentationen nach § 6 richtet die Kassenärztliche Vereinigung eine Kommission nach den Richtlinien für Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 75 Abs. 7 SGB V ein. In der Kommission sollen ein klinisch tätiger Orthopäde sowie ein Arzt vertreten sein, der an der Schmerztherapie-Vereinbarung nach § 135 Abs. 2 SGB V teilnimmt.
§ 9
Auswertung der Qualitätssicherungsmaßnahmen
Damit die Vertragspartner entscheiden können, ob und in welcher Form die Qualitätssicherungsmaßnahmen nach dieser Vereinbarung fortgeführt werden sollen, erfolgt – nach gemeinsam festzulegendem Vorgehen – jährlich eine statistische Auswertung und Ergebnisanalyse, insbesondere zur Überprüfung der ärztlichen Dokumentation.
Abschnitt E
§ 10
Inkrafttreten, Übergangsregelungen
(1) Diese Vereinbarung tritt am 1. Januar 2007 in Kraft.*
(2) Ärzte, die bis zum Inkrafttreten dieser Vereinbarung an Modellvorhaben auf der Grundlage des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 16. 10. 2000 teilgenommen haben, erhalten eine Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur mit der Auflage, dass sie, unbeschadet der weiteren Bestimmungen dieser Vereinbarung, die Erfüllung der Voraussetzungen nach Abschnitt B innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung nachweisen.
(3) Bis zum 31. 12. 2007 dürfen Ärzte, die die Voraussetzungen nach § 3 Nr. 1 nicht erfüllen, unbeschadet der weiteren Bestimmungen dieser Vereinbarung, Akupunkturleistungen in der vertragsärztlichen Versorgung ausführen und abrechnen, wenn sie eine in Struktur und zeitlichem Umfang der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer gleichwertige Qualifikation nachweisen können.
(4) Bis zum 31. 12. 2007 dürfen Ärzte, die die Voraussetzungen nach § 3 Nr. 2 und Nr. 3 nicht erfüllen, unbeschadet der weiteren Bestimmungen dieser Vereinbarung, Akupunkturleistungen in der vertragsärztlichen Versorgung ausführen und abrechnen.
Protokollnotiz:
Die Vertragspartner vereinbaren, nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung zu überprüfen, ob bei der Überprüfung der Dokumentation nach § 6 Abs. 2 gegebenenfalls Änderungen an der Stichprobengröße vorzunehmen sind.
*Zeitgleich mit den Regelungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Sollte sich das Inkrafttreten zeitlich verschieben, sind die nachfolgenden Übergangsfristen entsprechend anzupassen.