ArchivDeutsches Ärzteblatt PP1/2007Eltern-Kind-Bindung: Signale der Kinder aufgreifen
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Foto: lucas/FOTOLIA
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In seinem differenzierten Artikel zeigt Jürgen Wettig, in welchem Umfang sowohl Hirnstrukturen und neuronale Netzwerke als auch die gesamte Persönlichkeit durch frühkindliche Bindungserfahrungen in der Familie lebenslang geprägt werden . . . Durch den Schutzmechanismus der Dissoziation können anhaltende traumatische Erfahrungen der Kindheit vom Bewusstsein ferngehalten werden, das bedeutet, dass sie nicht oder nur schwer erinnert werden können. Dennoch sind diese Erfahrungen im impliziten Gedächtnis gespeichert (verdrängt) und lösen innere Unruhe und Spannungen aus. Da gerade in dieser Weise belastete Kinder ihrer inneren Befindlichkeit nicht durch Worte Ausdruck geben können, zeigen sich bei ihnen die Spannungen durch getriebene Unruhe, Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, und impulsive Handlungen, als Verhaltensstörungen auch ADHS genannt. Mit ihrem auffälligen Verhalten senden diese Kinder Signale an die Erwachsenen aus, mit denen sie zum Ausdruck bringen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Werden diese Signale vom Arzt nicht aufgegriffen, erkundigt er sich nicht nach den näheren Umständen, vielleicht aus Scheu, den Eltern zu nahe zu treten, so bleiben die „Mitteilungen“ durch die Verhaltensauffälligkeiten unerhört. Die von der Bundesärztekammer auf Empfehlung des wissenschaftlichen Beirats (DÄ 51–52/2005) empfohlene Behandlungsmaßnahmen, die aus der Gabe von Psychostimulanzien und verhaltenskorrigierender Psychotherapie besteht, berücksichtigt nicht genügend die emotionalen Nöte dieser Kinder und ihrer Eltern und stellt von daher kein ausreichendes Angebot dar. Vielmehr brauchen die Kinder Psychotherapie, in der auch ihre inneren Konflikte, Ängste und depressiven Gefühle Berücksichtigung finden. Und auch den Eltern müsste Hilfe angeboten werden in Form von Elterngesprächen und familientherapeutischen Sitzungen, bei denen sie die bisherigen Beziehungsmuster in der Familie hinterfragen und korrigieren können.
Dr. med. Terje Neraal, Höhenstraße 33 c,
35435 Wettenberg

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